Mertes und die Kosten der Religion

Eine Sottise

von Horst Wolf Müller

Foto © Frank Becker

Mertes und die Kosten der Religion


Nee, also ehrlich, Herr Kaplan, da darüber sollten Se mal nachdenken. Et gibt ja Leute, die die Kirche voll in Anspruch neh­men, die jede Messe mitnehmen und Altennachmittag und Fahrten nach Kevelaer und Orgelvesper oder Ostern in Rom, aber dat ko­stet ja schon wieder extra, sehn Se mal. Das Angebot der Kirche ist an und für sich  reichhaltig, so besehen, wer das ausschöp­fen kann, die ganzen Segnungen.  Aber unsereins, jetzt also mal mehr der gemäßigte Christ, verstehn Se, wo der Seelenfrieden ja doch faktisch ein, zwei Wochen vorhält, so besehen, für den ist doch 700 Euro Kirchensteuer im Jahr keine Kleinigkeit. Wenn man dat umrechnet, auf meine Person mal bezogen, was die Kirche bei mir an den Mann bringt, sicher, ich bin Witwer und insofern heilsbedürftiger, aber trotzdem, dann kostet mich ein Kirchenbesuch, sagen wir mal, ein Hochamt an Ostern, mit Chorsingen und allem Drum und Dran um die 40 Euro. Ja, nun, da machen Se ein saures Gesicht, das stimmt aber! 40 Euro für ein Hochamt, selbst angenommen, der Monsignore aus Porz ist persön­lich anwesend oder ein Weihbischof predigt, gibt einem ja auch mehr, aber für die Summe kann ich auch den Pavarotti in der Bonner Oper hören. Ich weiß, was Sie sagen wollen, ist welt­liche Musik, aber sagen Se nich, dat gibt der Seele nix! Da müßte schon ein Kardinal auf die Kanzel steigen für den Betrag, oder ne Dominikanerprediger. Ich will nicht handeln, so nit. Aber man sollte das gedanklich mal durchspielen, die Kirche als Dienstleistungsbetrieb.

Eintritt für eine Messe 5 Euro, mit Chorsingen 7 Euro, et Hochamt 10 Euro, Taufe 100 Euro, Hochzeit 300, Beerdigung 500, Einäscherung würd ich einen Tausender verlangen. Ja, nun! Die Hitze! Und die Unsicherheit, wat wird nun ?

Man sagt immer, was nix kostet, taugt nix. Verstehn Se mich nit falsch, Herr Kaplan, das soll nicht gegen Ihre Leistungen gehn, der Mensch braucht Absolution und Aufmunterung und all dat, bin ich voll Ihrer Meinung. Aber man soll ihm das nicht nachwerfen. Ja, ich bin auch Geschäftsmann, ich hab auch meine Prei­se. Für eine Beichte würd ich frank und frei zwanzig Euro berechnen. Ja, warum dann nit ? Das müssen Se heute für jedes Steak hinblättern und ist dann noch nicht einmal gar. Blutiges Steak tun sich die Leute rein. Und hinterher sind sie gereiz­ter wie vorher. Is et nit so? Aber ne durchgreifende Ohrenbeichte, so ein richtiger Ausputzer, da wird einem doch ganz frisch ums Herz.  Und dann diese Exerzitien, richtig pfeffern die Preise, Luxusklasse, seelische Aufrüstung. Oder hören Se dat Wort nit so gern ? Rehabilitation, das klingt besser. Ja, die Kirche hat was zu bieten und dafür darf sie auch was kassieren. Aber eben offen, nit heimlich, durch Kirchen­steuern, wo jeder was abzwackt und merkt nix davon, außer wenn er seinen Steuerausgleich macht und sieht, er hat für seine Seelenheil mehr ausgegeben als für die Fußbodenheizung. Ist ja auch mehr wert, da han Se recht. Aber trotzdem, tun Se sich das mal überlegen. Sie kriegen auf die Art villeicht mehr Zulauf als vorher. Dann können Se an die Kirchentür schon mal dat Schild hängen: ausverkauft. Ja, oder nit ? Nehmen Se mir das krumm, daß ich Ihnen das alles sage, wo ich Ihnen doch das Kirchendach gedeckt han?

Machen Se doch wenigstens wie wir einen Kostenvoranschlag. Schreiben Se, ne Taufe, unter den heutigen Bedingungen, in dieser schlechten Welt, bei dieser Umweltverschmutzung, kostet bei uns so und soviel.

Ja, nix fur ungut, Herr Kaplan, ich bin eben Geschäftsmann, dat is wohr. Man kann nicht aus seiner Haut.  Können Sie dat?


© Horst Wolf Müller - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2007