Kein Fumm

Kein zündender Funke in Bettina Jahnkes "Cabaret"-Inszenierung für das Rheinische Landestheater Neuss

von Frank Becker

Stefan Schleue, Kit Kat Girls - Foto © RLT /  Björn Hickmann/Stage Picture

Vom Kabarett zur KdF
 
Kein zündender Funke in
Bettina Jahnkes "Cabaret"-Inszenierung

für das Rheinische Landestheater Neuss
 
 
Remscheid. „Cabaret“ von John Kander & Fred Ebb stand für den vergangenen Samstag auf dem Spielplan - ausverkauftes Haus im Teo Otto Theater – so wünschen sich Bühnen das. Da wäre eine Absage fatal gewesen: Auf dem Weg zur Aufführung der Inszenierung des Rheinischen Landestheaters Neuss in Remscheid nämlich hatte Linda Riebau, Darstellerin von „Fräulein Schneider“, einen Unfall erlitten. Eigentlich das Aus für die Vorstellung. Mutig sprang Souffleuse Christina Schumann ein und gab respektabel die Zimmerwirtin, unter deren Fittichen sich die Schicksale der Geschichte, auch ihr eigenes, zum unglücklichen Ende entwickeln. Begleitet von der Sympathie des Remscheider Publikums wurde sie zur Heldin des Abends, sang gelegentlich vom Blatt und ließ sich auch von kleinen Hängern nicht entmutigen, was ihr immer wieder anerkennenden Zwischenapplaus und am Ende sogar kleine Ovationen einbrachte.


Stefan Schleue - Foto © RLT/  Björn Hickmann/Stage Picture
 
Ansonsten hatte Bettina Jahnkes zahnlose Inszenierung, abgesehen von dem durchweg beeindruckenden Stefan Schleue als Conferencier, kaum Höhepunkte zu bieten. Die Story des jungen Amerikaners Clifford Bradshaw (Henning Strübbe), der ins Berlin des Endes der „Roaring Twenties“ kommt, um einen Roman zu schreiben, sich in die Nachtklubtänzerin Sally Bowles (Katharina Leisinger) verliebt, unwissend die NS-Bewegung unterstützt, indem er für Ernst Ludwig (André Felgenhauer) Geld ins Land schmuggelt und schließlich auf ganzer Linie scheitert, hätte - auch in den Show-Nummern - eine Menge Zündstoff. Doch in der sterilen Atmosphäre der viel zu geräumigen, in changierendem häßlichem Rot gehaltenen variablen Bühne konnte die Lunte allenfalls glimmen. Das hatte insgesamt keinen „Fumm“. Die kühle Bühne (Ivonne Theodora Storm) ließ die jeweils zu den Szenen passenden Stimmungen nicht zu – und daß auf dem nackten Rücken des Kit Kat Girls Nr. 4 beim Neujahrsgag die Null von 1930 fehlte, war ein ärgerlicher Patzer (obwohl: der Rücken an sich war immerhin ansehnlich).
 

Emilia Haag, Joachim Berger, Matthias Brüggenolte (alt.) - Foto © RLT/  Björn Hickmann/Stage Picture

Hinzu kam, daß Zuschauer der hinteren Reihen schon ordentlich die Ohren spitzen mußten, um die Dialoge erlauschen zu können. Bei den Gesangsnummern wurden immerhin Mikroports eingesetzt, was wenigstens dem Titelsong und die Nummern „Money makes the world go `round“, „Maybe this time“ und „Zwei Girls und ein Mann“ etwas nach vorne brachte. Schwach blieben die Tanznummern der Kit Kat Girls, was sicher auch an der Bühne lag, die weder die Puff-Atmosphäre des Klubs noch das Intime der Pension von Frl. Schneider am Nollendorfplatz aufkommen ließ.
Henning Strübbe gab dem zweifelnden, verliebten, enttäuschten Schriftsteller glaubhaft Gestalt, ebenso Joachim Berger dem jüdischen Obsthändler Schulz, der wie alle nicht an die reale Gefahr der Nazis glaubt. Unauffällig, doch beachtlich auch Emilia Haag als Frl. Kost, die den Eklat zwischen Nazi Ludwig und Schulz für den Moment entschärft. Ihre Darstellung der sympathischen Hure kam an. Die Schlüsselszene des vorhersehbaren Umbruchs vom Kabarett zur KdF, vom Striptease  zum Stechschritt mit dem gesamten Ensemble hinterließ den stärksten Eindruck, der Nazi-Schock war gut herausgearbeitet.   
 
Weitere Informationen unter: www.rlt-neuss.de