Gute Argumente suchen...

...wenn es um die Wahl eines neuen Staatsoberhaupts geht

von Ludwig Lenis

© Frank Becker
Gute Argumente suchen

Als sich die Satire-Zeitschrift "Titanic" im November 1993 mit recht guten Argumenten (des Copyrights wegen können wir nur eine ähnliche Illustration einrücken) in die Kampagne der damals anstehenden Wahl zum Amt des Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin einmischte, tat man das seitens der verantwortungsbewußten Redaktion sicher aus echter Überzeugung. Hildegard Hamm-Brücher wäre gewiß die erste und klügste Wahl gewesen. Auch ohne jene Gründe. Aber sie ist ja nur eine Frau. Man hat damals nicht auf die "Titanic" gehört und 1994 doch Roman Herzog gewählt. Nun gut, er war ja auch nicht ganz übel. Johannes Rau, der auch zur Wahl gestanden hatte, schaffte es dann fünf Jahre später gewählt zu werden. Womit wir wieder mal beim Thema wären. Als sich nämlich Rau aus dem Amt zurückzog, wurden allerlei Affären ruchbar,
die gegen jene jetzt Christian Wulff vorgehaltenen kaum zurückstehen müssen, ja sie teils noch übertreffen: Behinderung der Presse in der WestLB-Affäre, Wahlkampf-Unterstützung durch die DDR, Düsseldorfer Flug-Affäre, Finanzierung seiner privaten Feier zum 65. Geburtstag durch die WestLB. Vieles blieb unaufgeklärt.

Sie sehen, Christian Wulff befindet sich in allerbester Amigo-Tradition, wie sie ihm sein Vor-Vorgänger aus den Reihen des politischen Gegners prima vorgelebt hat. Aber das will heute ja keiner mehr wissen. Und keiner redet mehr darüber. Nun wird Wulff, der das ja prophetisch bereits über seine eigenen  Verfehlungen angekündigt hat: "In einem Jahr spricht niemand mehr darüber", so langsam durch ein Dauerfeuer der Presse mürbe geschossen. Seit gestern ist zudem bekannt, daß die Staatsanwaltschaft Hannover Ermittlunghen wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsnahme bzw. -vergabe gegen ihn aufgenommen hat. Wann er wohl wankt und geht? Sein sturer Parteifreund  aus Duisburg wurde schließlich dieser Tage vom Volk abgewählt. Wie peinlich. Das kann Wulff - längst wäre er mit Schimpf und Schande fort - leider nicht passieren. Sonst wäre er schon weg vom Bellevue-Fenster. Er genießt als Bundespräsident bedauerliche Narrenfreiheit.
Aber auch der Aschermittwoch ist nah. Wird das jetzt übrigens Pflichtübung, fester Bestandteil und Tradition der CDU-Politik: Aussitzen? Helmut Kohl tat es, Angela Merkel tut es jeden Tag. Aber irgendwann wird es Herrn Wulff zu heiß unter dem Hintern werden.
Dann, liebe Politik, wählt klug. Noch so eine Schande an der Spitze des Staates kommt vor allem in der Welt ganz schlecht an.

Weitere interessante Informationen zur aktuellen Lage unter:  www.titanic-magazin.de