Rollender Kies

von Wolf Christian von Wedel Parlow

Foto © Frank Becker

Rollender Kies
 
Dahlien, rote Sterne an der Hauswand,
Euer Bild im Herzen des Reisenden
Und das der Großmutter am Zaun,
Und den Menschen ein Wohlgefallen
In altdeutscher Schrift in der Kirche
Zu Willkischken noch aus der Zeit,
als die Memel Völker verband.
 
Es sei nicht weit von hier nach
Bittehnen. Brennende Sonnen,
Rollender Kies, Erntemaschinen in
Wolken aus Staub, tropfender Schweiß.
Endlos streckst du dich, Memel,
Endlos deine glänzenden Auen,
Endlos der Weg bis zu Grigoleits Hof.
 
Nur noch dreihundert Meter,
Der letzte Tropfen Wasser
In den trockenen Mund,
Rechts das verfallende Schulhaus,
Links die Einfahrt ins Paradies.
Mindaugas ist jetzt hier der König,
Seine Frau tischt Köstliches auf.
 
Einsam liegt nun der Hof, einer
Der wenigen, die deutscher Wahn
Übrigließ. Keine singenden Mädchen
Mehr auf dem Weg zu den Nachbarn,
Alle friedlich vereint in den Gräbern
Unterm Rombinus, wo sie beten
Für unsere Zukunft.
 
 

Wolf Christian von Wedel Parlow

(7.8.2012 - Erstveröffentlichung in den Musenblättern)