Was soll die Frieda kochen

von Hanns Dieter Hüsch

© Jürgen Pankarz

Was soll die Frieda kochen
 
Diese Geschichte soll auch ein Beleg dafür sein, daß ich natürlich nicht 48 Jahre immer unterwegs war, immer aus dem Koffer gelebt, immer auf der Achse, von einem Hotel ins andere gezogen bin. Nein, ich bin zwischendurch auch schon mal nach Hause gekommen. Wenn ich wirklich jemanden ausgebeutet haben sollte, in all den Jahren, dann war es in allererster Linie meine eigene Familie, die aufgrund dieses merkwürdigen Berufes manchmal sehr oft und sehr lange nichts von mir haben konnte. Aber wenn ich dann nach Hause kam, standen wir sofort vor einem Riesenproblem. Das ist überregional, das kennen Sie auch alle. Ich würde sogar behaupten, das ist international. Das Problem.
Denn dann fragte mich die Frieda sofort: »Also wenn ich nur wüßte, was ich heute wieder mal kochen soll. Fällt dir was ein, fällt dir was ein, fällt dir was ein?« Und ich sagte: »Kochen, laß mal überlegen, mach doch was, mach doch was, mach doch was, was am wenigsten Arbeit macht.«
»Ja, was am wenigsten Arbeit macht, das ißt du ja wieder nicht.«
»Ja, und was ist das?«
»Pellkartoffeln mit Quark, eß ich für mein Leben gern.«
»Dann mach das doch.«
»Ja, dann muß ich ja für dich wieder was Extras machen«.
»Nein, mußt du nicht, mach Pellkartoffeln mit Quark, vielleicht schmeckt´s mir auf einmal. Ich hab auch früher keine Möhren gemocht, als Kind, aber so wie du sie machst, esse ich sie doch inzwischen, deine Möhren.«
»Nein, ich weiß schon, was ich mache. Ich mache Hackbraten mit Spätzle und Salat, und für dich kann ich ja ganz rasch `n paar Kartoffeln machen, du bist ja nicht so sehr für Teigwaren.«
»Mach doch `ne Suppe«.
»Ja was denn?«
»Linsensuppe, Bohnensuppe, Erbsensuppe, kannst du also wirklich jeden Tag...«
»Ja wenn´s nach dir ginge, müßte ich jeden Tag Suppe machen. Aber bild dir nur nicht ein, daß das keine Arbeit macht, grade Suppe macht Arbeit, grade Suppe. Vor allen Dingen Frühlingssuppe.«
»Ja, ja, dann, dann mach eben, was schnell geht, Spinat durcheinander oder sowas.«
»Hatten wir doch gerade vorgestern.«
»Dann mach Fischstäbchen.«
»Fischstäbchen, also wenn dir nix mehr einfällt, fallen dir nur noch Fischstäbchen ein. Außerdem wollte ich die Freitag machen.«
»Ja, dann mach doch Paprikaschoten oder jetzt `ne Tasse Kaffee und `n Stück Kuchen und heute Abend essen wir warm, können wir auch, man ist ja flexibel«.
»Du, ich könnte auch Bratwurst machen.«
»Mach doch Kaffee und Kuchen, mir ist es wirklich ganz Wurscht.«
»Da wirste doch nicht satt von.«
»Dann eß ich eben noch `n Brot, ist doch wirklich kein Problem, Menschenskind noch mal.«
»Also, ich kann auch rasch `n paar Spiegeleier machen.«
»Also mir ist das wirklich ganz egal, ich hab sowieso nicht viel Hunger.«
»Ja, wenn du keinen Hunger hast, brauche ich ja gar nicht erst anzufangen.«
»Doch, doch, `n bißchen Hunger hab ich schon.«
»Das sagst du jetzt nur mir zuliebe, ich kenn dich doch.«
»Nein, ich mein doch nur, daß es mir egal ist, du sollst jetzt hier nicht groß rumwühlen, das meine ich.«
»Also, wenn ein Mann schon sagt, daß es ihm egal ist, was seine Frau kocht, dann brauche ich wirklich nicht anzufangen.«
»So hab ich das doch gar nicht gemeint.«
»Ja, wie hast du´s denn gemeint?«
»Ich mein doch nur, daß du nicht, wie gestern, was Großes mit Suppe und Nachtisch machst, sondern einfach, was wenig Arbeit macht.«
»Also gestern der Schweinebraten mit Zitronencreme hinterher hat überhaupt keine Arbeit gemacht.«
»Mach doch einfach ein paar Brote, dann hat sich der Fall, ich bin doch weiß Gott kein Chauvi.«
»Na, na, na, na, na, also das würde ich bei dir nicht so ohne weiteres unterschreiben.«
»Also komm jetzt, bei uns zu Hause hieß es früher immer, was auf den Tisch kommt, das wird gegessen.«
»Das sollte ich mal bei dir machen, hoho-hoho. Ne ne ne, so großzügig bist du gar nicht, wie du immer tust. Im Stillen möchtest du doch lieber was anderes.«
»Was soll denn das schon wieder heißen?«
»Ja ich bin eben unsicher. Schließlich, wenn du schon mal nach Hause kommst, will ich dir was einigermaßen Gescheites vorsetzen.«
»Hab ich schon mal gemeckert, im Gegenteil, ich hab immer noch fleißig Dill und Petersilie mitgehackt. Und hab ich schon mal gesagt, daß es mir nicht schmeckt?«
»Aber gedacht, das macht mich ja so unsicher.«
»Ja wenn das so ist, wenn das so ist, das können wir doch ganz leicht ändern, dann schlage ich wirklich mal ab und zu mit der Faust auf den Tisch.«
»Laß den Tisch bitte ganz.«
»Weißt du was, mach doch Speckpfannkuchen mit Salat.«
»Das wollte ich morgen machen.«
»Also gut, dann mach Pellkartoffeln mit Quark. «
»Ich kann auch gebackene Bohnen.«
»Nein, jetzt machst du bitteschön Pellkartoffeln mit Quark.«
»Aber wenn du lieber gebackene Bohnen.«
»Also jetzt sage ich gar nichts mehr.«
»Also doch gebackene Bohnen.«
»Nein, Pellkartoffeln mit Quark, ich will keine Extrawurst.«
»Also, ich könnte schon längst fertig sein, wenn du dich einmal klar ausdrücken würdest.«
 »Wir könnten schon längst gegessen haben, wenn du einmal meine Vorschläge ernst nehmen würdest.«
»Also, dann koche ich gar nichts.«
»Ist mir auch recht.«
»Also Schluß, ich mach jetzt eine Linsensuppe.«
»Du machst jetzt bitteschön Pellkartoffeln mit Quark. Das wollen wir doch mal sehen! Das wollen wir doch mal sehen!«
»Also gut, wie der Herr befehlen, Pellkartoffeln mit Quark.«
Und so kriege ich natürlich im Laufe der Jahre jedes zweite Essen in die Schuhe geschoben.
 



Aus: Meine Geschichten (1996) / Der Große Hüsch, Band 1 (2011)

© Chris Rasche-Hüsch/ Verlag Kiepenheuer & Witsch
Veröffentlichung aus "Der Große Hüsch, Bd. 2" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung
Die Zeichnung stellte freundlicherweise Jürgen Pankarz zur Verfügung.