„Maos Mango - Massenkult der Kulturrevolution“

Eine kuriose Ikone der chinesischen Kulturrevolution

von Frank Becker

Mao Tse-tung Plakat Xinhua 1969 - Katalog S. 199

Eine kuriose Ikone der chinesischen Kulturrevolution
 
Die Mango: angefaultes Obst als Gegenstand eines Führerkults
 
Staatlich gesteuerte Heldenverehrung treibt nicht nur gelegentlich seltsame Blüten. So wie einst im Nationalsozialismus, Faschismus und Stalinismus zu sehen und zur Zeit im kommunistischen Nordkorea, brachte auch das kommunistische China unter seinem „weisen Führer“ Mao Tse-tung (Mao Zedong), besonders während der dunklen Phase der „Kulturrevolution“, die kuriosesten, heute geradezu komisch erscheinenden Propaganda- Auswüchse. Über einen höchst eigenartigen Kult berichtet Alfreda Murcks Katalog-Buch zur Ausstellung „Maos Mango“, die noch bis zum 16. Juni im Zürcher Museum Rietberg zu sehen ist.


Rechteckige Mango-Vitrine der Allgemeinen Werkzeugfabrik Beijing Nr. 1, August 1968 - Katalog S. 129

Sommer 1968: der Große Vorsitzende Mao Tse-tung bekommt eine Kiste mit Mangos als Gastgeschenk des pakistanischen Außenministers. Noch in der selben Nacht läßt er die exotischen Früchte propagandawirksam an Arbeiter verteilen - so die Legende. Im Nu werden die Mangos zu einem Symbol für Maos Güte und Fürsorge - und werden zum Zentrum kultischer Verehrung. Die Frucht findet schnell Eingang in die Populärkultur, sie ziert Tassen, Tabletts, Stoffe Griffelkästen, Bonbon-Papier, Zigarettenpackungen, Abzeichen und andere Gegenstände des Alltags. Eine bereits halbverfaulte Mango wird in Formaldehyd eingelegt und als große Kostbarkeit bestaunt. Wachsnachbildungen von Mangos werden in Prozessionen mitgeführt und wie religiöse Objekte verehrt. Die Geschichte, wie eine exotische Frucht während der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ (1966– 1976) in China eine solch starke politische Botschaft verkörpern konnte, erzählt die Ausstellung „Maos Mango“ anhand einer raren Sammlung von Gebrauchsgegenständen, Propagandamitteln und Devotionalien dieser nur ein Jahr währenden beinahe hysterischen Kampagne.


Glassturz, Mango aus Pappmaché, 1969 Kat. S.201
 

Deckeltasse, Industrieemail, 1968, Kat. S. 151


















Alfreda Murck hat in akribischer Forschungs- und Sammeltätigkeit die Geschichte der Mango als politisches Kultobjekt aufgezeichnet und eine wahrhaft einzigartige Sammlung von Original-Dokumenten, Gebrauchsgegenständen und Objekten dazu zusammengetragen. Zur  Zürcher Ausstellung, die mit dieser unerhört spannenden Sammlung bestückt wurde, ist eine reich bebilderte Dokumentation erschienen, begleitet von fundierten Audsätzen und Essays namhafter chinesischer und europäischer Wissenschaftler: Adam Yuet Chau, Alonzo Emery, Daniel Leese, Wang  Xiaoping, Zheng Xiaowei und Alfreda Murck selbst. Wer sich für die Geschichte des modernen China und das dunkle Kapitel seiner Kulturrevolution interessiert, kann an diesem einzigartigen Buch nicht vorbei gehen.
 
 
Plakat mit dem Vorsitzenden Mao vor einer Parade - Katalog S. 197

„Maos Mango – Massenkult der Kulturrevolution.“
Katalog, herausgegeben von Alfreda Murck
© 2013 Verlag Scheidegger & Spiess, gebunden, 248 Seiten, mehr als 80 Farb- und viele s/w-Abbildungen, Lesebändchen, 20 x 28 cm, ISBN 978-3-85881-367-1;
34,- €  |  39,- CHF
 
Ausstellung: „Maos Mango - Massenkult der Kulturrevolution“
15. Februar bis 16. Juni 2013
Museum Rietberg - Gablerstraße 15 - CH - 8002 Zürich

Mao-Plakette 1968/69 - S. 167

T: 0041 (0)44 206 31 31
F: 0041 (0)44 206 31 32
Öffnungszeiten:
Di bis So 10 – 17 Uhr
Mi und Do 10 – 20 Uhr
Montag geschlossen
 
Weitere Informationen: www.rietberg.ch
 
Einen Trailer zur Ausstellung können Sie unter www.rietberg.ch/de-ch/ausstellungen/maos-mango im Internet sehen. Einfach in diesem Artikel anklicken.
 

Bettdeckenbezug mit Dessin aus Mangos, Sonnenblumen, roten Fahnen und Sonnenaufgang, 1968/69 - Kat. S. 205