Renoir und die Landschaft des Impressionismus

Eine Ausstellung im Von der Heydt-Museum Wuppertal

von Johannes Vesper

Renoir und die Landschaft des Impressionismus


Illustre "Gäste"

Auf dem im Stadtbild allgegenwärtigen Plakat lockt eine schöne junge Frau mit rotem Hut in die vor wenigen Tagen eröffnete aktuelle Ausstellung des  Wuppertaler Von der Heydt-Museums: „Renoir und die Landschaft des Impressionismus“. Auguste Renoirs Bild von 1881 „Zwei Schwestern auf der Terrasse“ hat den Weg über den Atlantik in die rare Präsentation gefunden, es kommt vom Art Institute of Chicago nach Wuppertal. Sammlungen und Museen aus aller Welt (Paris, Montpellier, Basel, Lausanne, Rotterdam, Warschau, Southampton, New York -  die Liste ist ohne Anspruch auf Vollzähligkeit) sowie große deutsche Museen wie die Nationalgalerie Berlin, das Wallraf Richartz Museum Köln, die


Foto © Frank Becker
Kunsthalle Bremen und das Landesmuseum Hannover haben ihre Kostbarkeiten für diese Ausstellung auf die Reise geschickt. Plastiken von Aristide Maillol, Auguste Rodin und Renoir selbst ergänzen das Bild. Das städtische Wuppertaler Kunst-Museum steuert aus eigenem Bestand etliche schöne Meisterwerke bei.

Eigener Bestand als Inspiration

Inspiriert zum Thema der erlesenen Zusammenstellung wurde der Wuppertaler Museumsdirektor Gerhard Finckh durch die sechs kleinformatigen Landschaften des späten Renoir, die zum Bestand des Museums gehören. Wegen seiner seit den 1880er Jahren zunehmenden rheumatoiden Erkrankung, bzw. der später erheblich deformierten und verkrüppelten Hände hatte Renoir zunehmend nur kleinere Formate bewältigt. Die Ausstellung beschränkt sich aber nicht auf Renoir und nicht nur auf seine Landschaftsbilder. Aus der Umgebung Renoirs werden Landschaften und Portraits von Paul Signac, Claude Monet, Camille Pissarro, Paul Cezanne, Alfred Sisley, Jean-Baptiste-Camille Corot, Gustave Courbet, Eugene Delacroix, Edgar Degas und anderen gezeigt. Die Farben der Wände, an denen


Paul Signac, Notre Dame - Foto © Frank Becker
die Bilder hängen, sollen dem Besucher die Orientierung erleichtern: ein dunkleres Rot für die Umgebung Renoirs, ein leuchtenderes Rot für Renoir selbst. Eine solche Orientierungshilfe war für so wichtig erachtet worden, daß die Museumswände eigens und nur für diese Ausstellung neu gestrichen wurden.

Renoir und der Akt

Renoir bezeichnet sich selbst als Figurenmaler – seine künstlerischen Wurzeln hatte er als Porzellanmaler, was vor allem in seinen Akten stets durchschimmert. Auch in dieser Ausstellung gibt es von ihm etliche „porzellanene“ Darstellungen fülliger weiblicher Akte in der Natur, jedoch ohne besondere Beziehung zu einer Landschaft. Zu den Landschaften Renoirs im eigentlichen Sinn wurden in Vielzahl Exponate aus seiner Umgebung oder von Vorläufern aus der Malergesellschaft von


Renoir, Liegender Akt 1902 - Foto © Frank Becker
Barbizon, deren viele wie Renoir auch Schüler Charles Gleyres waren, in großzügiger Auswahl zusammengetragen: Bilder von Charles-Francois Daubigny, Théodore Rousseau, Armand Guillaumin oder Gustave Courbet, herrliche Bilder, teils ebenfalls aus der Wuppertaler Sammlung. 

Neue Orientierung

Gegen 1883 stürzte Renoir in eine künstlerischen Krise. Die impressionistische Malweise erschien ihm ausgereizt. Er reiste nach Rom und studierte Raffael, begann sich an Ingres zu orientieren. Es brauchte einige Jahre. Bis er sich der Landschaft als Thema zuwandte. Oft handelte es sich dabei um reine, von Menschen unbehauste Landschaften. Merkwürdig, daß Renoir künstlerisch die modernen Entwicklungen in der Malerei (Fauves, Brücke, Blauer Reiter zu Beginn des 20. Jahrhunderts) anscheinend nicht reflektiert hat.

Das Spätwerk Renoirs

Das Spätwerk von 1883 bis zu seinem Tode ist im wesentlichen Thema der Wuppertaler Ausstellung. Seit 1907 lebte Renoir in Südfrankreich, in Cagnes sur mer zwischen Nizza und Antibes, wo er glaubte, vor allem während der Wintermonate seine rheumatische Erkrankung besser ertragen zu können. In der ländlichen Umgebung malte er Bäume und das Licht auf ihrer Rinde und ihren Blättern.


Auguste Rodin, Schreitender - Foto © Frank Becker
Das Abholzen der alten Olivenbäume hatte er durch den Kauf des Anwesens verhindert. (Über die Beziehung zwischen Kunst und Naturschutz muß auch einmal nachgedacht werden. Schon der Wald von Fontainbleau wurde in der Folge der Künstlerschule von Barbizon 1853 zum ersten Naturschutzgebiet erklärt). In einigen historischen Fotos sind Renoirs Anwesen Les Collettes in Cagnes und die  Umgebung informativ dargestellt.  Die dort gemalten postimpressionistischen Landschaftsbilder der späten Jahre sind durch einen in Teilen eher flächig-verwischten, in anderen Teilen kaum getupft impressionistischen Malstil charakterisiert, der an frühere Phasen seines Schaffens erinnert. Gelegentlich ist die Grenze zur Abstrakten Malerei zu erahnen. Das anrührendste Bildnis des alten Renoir ist die 1916 von Pierre Bonnard geschaffene Zeichnung, die den Katalog zur Ausstellung abschließt.

Der Katalog zur Ausstellung

Der im „Corporate Design“ rot eingeschlagene Katalog, in dem sich vorzügliche Beiträge zur Entwicklung der Malerei von  der Schule von Barbizon, mit der alles seinen Anfang nahm, zum


Charles Gleyre, Die Badenden 1860 - Foto © Frank Becker
Realismus und zum Impressionismus bzw. zu Renoir finden, bietet mit seinen 194 überwiegend farbig illustrierten Seiten einen nahezu vollständigen Überblick über die Exponate. Warum einzelne Bilder im Katalog zweimal erscheinen (u.a. "Nach dem Bade" S. 148/158, "Sitzender weiblicher Akt" S. 162/165, "Meereststrand" S. 100/170), wird nicht erläutert. Die Druckqualität der Abbildungen erreicht die leuchtende Farbigkeit der Originale bei weitem nicht. Das Bild vom Atelier im Batignolles-Viertel von Henri Fantin-Latour (S. 22/31) wäre eine nähere Erläuterung wert gewesen. Auch ein Index zu den Abbildungen wäre hilfreich gewesen.




Renoir, Landschaft - Foto © Frank Becker
(nicht im Katalog)

Die Ausstellung im Von-der- Heydt- Museum Wuppertal ist bis zum 27. Januar 2008 zu sehen. Der Katalog kostet 25.-€  ISBN-Nr. 978-3-89202-069-1

Weitere Informationen unter:  www.von-der-heydt-museum.de


Redaktionelle Bearbeitung und Fotos: Frank Becker