Eine Oase für Auge und Gemüt

Die Museumsinsel Hombroich bei Neuss

von Frank Becker und Burcak Cakirca

„Kunst parallel zur Natur“.

Eine Oase für Auge und Gemüt
Die Museumsinsel Hombroich bei Neuss
 
Von den Ballungszentren der Rheinschiene, des Ruhrgebiets und des Bergischen Landes ist Hombroich quasi nur einen Katzensprung entfernt, ein Ausflug zu Kunst und Kultur sozusagen. Wer durch das schlichte Ein­gangsgebäude die Museumsinsel Hombroich betreten hat, spürt nahezu unmittelbar, wie Alltag und Hektik von ihm abfallen. Man läßt hinter sich, was drängt und belastet. Hombroich ist eine andere, eine ausgleichende Welt - gar nicht weit entfernt und doch wie auf einem anderen Plane­ten.

Die Geschichte der „Insel“ – die ja eigentlich keine ist, sondern durch ihren geschlossenen Charakter in einer Erftschleife nur wie eine wirkt - ist bis zur Elberfelder Industri­ellenfamilie de Weerth zurück zu verfolgen, die um 1820 Hombroich als Landsitz erwarb. Verschiedene Male wechselten Insel und Landgut den Besitzer. Seit 1982 der Kunstmäzen Karl-Heinrich Müller (1936-2007) die von der Erft bei Neuss-Holzheim umflossene Insel erworben und in den folgenden Jahren mit Hilfe des Architekten Erwin Heerich und der Gartenbauarchitekten Bern­hard Korte zu einem Hort der Ästhetik und Ruhe gestaltet hat, ist dort eine unvergleichliche Perle im Reigen der bedeuten­den Kunstmuseen entstanden. Das 1987 eröffnete Museum zeigt aus der vielseitigen Sammlung Müllers neben historischer fernöstlicher Kunst überwiegend Arbeiten der Moderne des 20. Jahrhunderts.


Heerich "Turm" Foto © Burcak Cakirca
 
Eingefügt in die renaturierte niederrheinische Auenlandschaft mit Wasserläufen, Sumpf und Kopfweiden entstand zu den be­reits vorhandenen alten Gebäuden eine ausgewogene Zahl von archaisch wirkenden, künstlerisch aufregend konzipierten Ausstellungs- und Meditationsgebäuden, die Werke namhafter Künstler wie Yves Klein, Henri Matisse, Lovis Corinth, William Calder, Gotthard Graubner oder Kurt Schwitters ebenso beherbergen wie Funde aus der Khmer-Kultur, afrikanische Holzplastiken, peruanische Federkleider und Keramik der chinesischen Han- und T'ang-Zeit. Oder sie ent­halten nichts, wie Heerichs „Turm“, der Graubner-Pavillon oder der Tadeusz-Pavillon, sind nur sie selbst, Architektur pur, wirksam durch bestechende Form, bezauberndes Licht, traumhafte Akustik und meditativen Ausblick.
Zarte Aquarelle von Paul Cezanne und Radierungen Rembrandts beißen sich nicht mit Anatols rostenden „Wächtern“, Skizzen von Klimt und Brancusi erweisen ihr Recht neben Gotthard Graubners wundervollen „Farbraumkörpern“.
Der Spaziergang über die Insel führt durch verwunschene Parks und Wäldchen, über schmale Brücken, vorbei an den monumentalen Arbeiten des Bildhauers Anatol Herzfeld und seiner pittoresken Werkstatt sowie an Teichen, auf denen Enten und Blässhühner schwimmen und in denen Froschchöre melodisch quaken. Viele Arten von Wild- und Kulturblumen blühen verschwenderisch neben sich wiegenden Trauerweiden: Königskerze und Iris, Sumpfdotterblumen und Wasserlinse, Wiesenraute und Akelei, Trollblume und Pfingstrose - ein Paradies, das man mit allen Sinnen erlebt.
 
Im Herzen der weitläufigen Anlage, in der man namentlich „unter der Woche“ stundenlang fast ungestört spazieren – außer man gerät in einen Pulk Japaner - und schauen kann, gibt es eine geräumige, lichtdurchflutete Cafe­teria, in der man sich - im Eintrittspreis enthalten - mit Kaffee und Mineralwasser erfrischen und mit handfesten Spei­sen wie Pellkartoffeln, hartgekochten Eiern, Graubrot und Apfelkraut stärken kann. Als Konzept bestechend und einmalig wie die ganze Anlage. Sitzt man draußen unter den Weidenlauben, kann mit dem Besuch zutraulicher Wildenten und Bisamratten rechnen, was die Friedlichkeit des Ortes zusätzlich unterstreicht.
 
Kröller-Müller in Otterloo/NL, Louisiana in Humlebaek/DK und Tony Craggs Wuppertaler Slulpturenpark „Waldfrieden“ vereinen mit ihren einmaligen Sammlungen ebenfalls Kunst und Natur, doch alleine Hombroich hat sich seine unverfälschte Natürlichkeit inmitten einer urwüchsig anmutenden Natur auf großem Areal bewahrt. Der Charme liegt in der Einfachheit, der Pflege, die sich nicht zu erkennen gibt, der Kunst „pa­rallel zur Natur“. Jeder Besuch dort bedeutet neuen Gewinn - je öfter man hingeht, desto mehr senkt sich Hombroich wohl­tuend ins Herz - eine Therapie ohne Therapeuten. Wer einmal die Museumsinsel Hombroich besucht hat, wird immer wieder eine kleine Sehnsucht, eine Art Heimweh empfinden, wenn seine Gedanken zu dieser perfekt komponierten Idylle aus Natur und Kunst schweifen.
Seit ein paar Jahren dazugekommen sind die „Raketenstation Hombroich – Langen Foundation“ und das „Kirkeby-Feld Hombroich“, von denen wir Ihnen nach unserem nächsten Besuch etwas erzählen werden.


Foto © Frank Becker

Hombroich ist ein optimaler Ausflug für Menschen, die Natur und Kunst bewußt in einem erleben wollen. Die Konzeption der Insel ist genial, man nimmt die Natur, die Kunst  bzw. die Architektur intensiv mit allen Sinnen wahr.

Die körperliche Aktivität wie auch der Forscherdrang werden durch die ins Gelände geschmiegten Bauten und Kunstwerke intensiv gefordert, denn man muß sich alles erwandern, was man in dem hellen, offenen und sehr einladenden Ambiente sehen und erleben will. Auch für diejenigen, die sich der Ruhe in der Natur zuwenden möchten, ist es der richtige Ort, um sich von Lärm und Hektik zurückzuziehen
.

Museum Insel Hombroich
Minkel 2, 41472 Neuss
 
Öffnungszeiten
Die Museumsinsel Hombroich ist täglich vom 1. April bis 30. Septem­ber von 10-19 Uhr, vom 1.-31. Oktober 10-18 Uhr und 1. November bis 31. März  10-17 Uhrgeöffnet. Der Eintrittspreis staffelt sich von 5,- bis 15,- €. Für Kinder unter 6 Jahren ist der Eintritt frei. Festes Schuhwerk wird empfohlen, Hunde können nicht mitgenommen werden.
Die Cafeteria ist ab 11 Uhr bis 1 Stunde vor Schließung des Museums geöffnet.
Das Museum ist an folgenden Tagen geschlossen: 24., 25. und 31. Dezember sowie 1. Januar

Foto © Burcak Cakirca

Weitere Informationen unter: www.inselhombroich.de
 
Die Appendici:
Raketenstation Hombroich – Langen Foundation
Hombroich 4, 41472 Neuss
Kirkeby-Feld Hombroich
Berger Weg, 41472 Neuss
Tel. +49 (0)2182 887-4000
 
Wie gelangt man hin?
Mit dem Auto:
Autobahn A57, Ausfahrt Neuss-Reuschenberg, den braunen Schildern Museum Insel Hombroich folgen. An der Ausfahrt Neuss-Reuschenberg rechts abbiegen auf die Bergheimer Straße/B477 in Richtung Neuss-Reuschenberg, nach 400 m dann erneut rechts abbiegen auf die L201. Weiter auf der L201 (Nachtigallenstraße / Reuschenberger Straße / Kapellener Straße). Nach knapp 3 km den Kreisverkehr passieren, nach weiteren 1,5 km links abbiegen – der Parkplatz des Museum Insel Hombroich befindet sich auf der rechten Seite.
Von Düsseldorf und Neuss aus kann man auch mit dem Bus hinfahren. Es gibt eine Haltestelle unmittelbar am Gelände.