Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus Das Kunstlied ist ja eigentlich gar nicht mein Ding - und angesichts der mit verschränkten Händen an den Flügel gelehnten Fischer-Dieskaus und Kollegen durchfährt mich stets ein Schauer des Grauens. Mal ganz abgesehen davon, daß eigentlich immer die Texte dem überkultivierten Gesang zum Opfer fallen und ich nicht verstehen kann, was da eigentlich gesungen wird. Auch das Pathetische solcher Vorführungen macht mir "Liederabende" im Allgemeinen zur Qual. Ich will nicht verhehlen, daß es mir bei "Neues aus Eichendorff" anfangs auch nicht wesentlich besser ging. Aber neugierig machte mich die Platte schon, denn a.) ist Neues immer gut und b.) reizten mich die jungen Gesichter.
Erfreulich das Booklet, das mich die Texte (leider nicht alle) mitlesen läßt, welche Corinna Simon ausgewählt hat. Erfreulich auch die moderne Auffassung des Komponisten und sein frisches, perlendes Spiel, das reich an humorvollen Ausreißern ist. Und ebenso erfreulich schließlich die junge Stimme Corinna Simons, die zwar nicht in jedem Fall klassischen Ansprüchen genügt, jedoch in ihrem Vortrag die Nähe zum deutschen Chanson gefunden hat, wie es von Katja Ebstein nach ihrer unseligen Schlagerkarriere sehr kultiviert gepflegt wird. Und wenn es die beiden mitreißt, rollt auch schon mal ein Boogie über Tasten und Stimmbänder wie in Storms köstlich interpretiertem "Verirrt" oder sie lassen es ein weing swingen. Keine Sensationen, aber kleine Genüsse in hübscher Verpackung.
Lebensfroh klingt Schillers schön synkopiertes "Sehnsucht", in zarter Melancholie tröstet Mascha Kalékos "Kleines Liebeslied", dem man ein wenig mehr Wärme gegönnt hätte und erfüllt tönt Hans Carossas (1878-1956) "Heimweg", dessen Text ich hier im Auszug nachreiche:
Dämmert mein Garten? Rauscht schon der Fluß? Noch glüht mein Leben Von deinem Kuß, Noch trinkt mein Auge, Von dir erhellt, Nur dich, nur deinen Bann Im Bann der Welt. ... Glänzen und deuten Heilig zu dir zurück - Ich weiß, daß du noch wachst Tief tief im Glück. Der Schirm deiner Lampe Färbt dich wie Wein, Du hauchst in das Eis Deines Fensters hinein, Deine Augen träumen Herüber zum Fluß,- Du bist nur noch Leben von meinem Kuß. Die leichte Art der Interpretation nimmt dem Genre Liedgesang hier die ihm traditionell anhaftende Schwere, macht es sympathisch und verdaulich - und es weckt die Lust, sich noch einmal mit den zitierten Gedichten aus drei Jahrhunderten zu beschäftigen.
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![]() Cover-Foto © Christine Starke Neues aus Eichendorff Corinna Simon trifft .riedellieder Deutsche Gedichte aus drei Jahrhunderten, neu vertont von Philipp Riedel Corinna Simon - Sopran Philipp Riedel - Klavier Produziert von Philipp Heck und Eva Bauer-Oppelland (P) & © 2006 Animato ACD6090 Titel: 1. Heimweg (Carossa) 2:39 2. Sehnsucht I (Eichendorff) 2:11 3. An den Mond (Goethe) 6:10 4. Kleines Liebeslied (Kaléko) 2:37 5. Mondnacht (Eichendorff) 3:03 6. Liebeslied (Fallersleben) 3:12 7. Das Eine in der Natur (Herder) 2:06 8. Verirrt (Storm) 2:09 9. Trost (Storm) 2:18 10. Weltende (Lasker-Schüler) 2:03 11. Abschied (Eichendorff) 2:06 12. Sehnsucht II (Schiller) 3:45 Gesamtzeit: 35:05 Weitere Informationen unter: www.neues-aus-eichendorff.de www.bauerstudios.de |