Paula Modersohn-Becker - Zwischen Worpswede und Paris

Ein Gang durch die Ausstellung (4)

Red./Bec.

Selbstbildnis 1906
Paula Modersohn-Becker
Zwischen Worpswede und Paris
 
Von der Heydt-Museum Wuppertal
9. September 2018 – 6. Januar 2019
Ein Gang durch die Ausstellung (4)
 

Paula Modersohn-Becker und Rainer Maria Rilke
 
Auf Einladung Heinrich Vogelers kommt Rainer Maria Rilke im August 1900 nach Worpswede. Er ist fasziniert von den Freundinnen Paula Becker und Clara Westhoff. Paula Becker und Rilke sehen sich häufig in Worpswede, dann auch während ihres zweimonatigen Aufenthalts in Berlin (wo sie, als elterliche Auflage vor der Heirat, einen Kochkurs besucht) und führen tiefgreifende Gespräche über Kunst. Die Heirat von Rilke und Clara Westhoff im April 1901 ist eine Überraschung für den Freundeskreis. Paula Becker leidet unter Entfremdung ihrer besten Freundin. Eine freundschaftliche Annäherung zwischen ihr und dem Ehepaar Rilke kommt erst im Verlauf ihres vierten Paris-Aufenthalts wieder zustande.

Rilke, der in seiner Monographie über die Maler Worpswedes weder Clara Westhoff noch Paula Becker berücksichtigt, lernt sie erst bei diesem letzten Paris-Aufenthalt auch als Künstlerin wirklich schätzen. Nach Betrachtung ihrer jüngsten Arbeiten schreibt er 1906 voller Bewunderung an den Kunstsammler Karl von der Heydt: „Das merkwürdigste war, Modersohns Frau an einer ganz eigenen Entwicklung ihrer Malerei zu finden, rücksichtslos und geradeaus malend, Dinge, die sehr worpswedisch sind und die doch nie einer sehen oder malen konnte. Und auf diesem ganz eignen Wege sich mit van Gogh und seiner Richtung seltsam berührend.“
Neben Rainer Maria Rilke schreiben in den ersten Jahren nach der Jahrhundertwende auch der Kunsthistoriker Richard Muther und der Dichter Hans Bethge Monografien über die Künstlerkolonie Worpswede. In keiner der Publikationen wird Paula Modersohn-Becker erwähnt. Rilke ist dennoch fasziniert von der Art ihres Schauens, und er erlernt erst mit ihr, Kunst zu betrachten, worauf er in einigen Gedichten anspielt.


 Paula Modersohn-Becker Mädchenakt mit Blumenvasen  1907 - Foto  Frank Becker 

Rainer Maria Rilke (Gedicht, in Gedanken an Paula Becker)
 
Die roten Rosen waren nie so rot
als an dem Abend, der umregnet war.
Ich dachte lange an dein sanftes Haar …
Die roten Rosen waren nie so rot.
 
Es dunkelten die Büsche nie so grün
als an dem Abend in der Regenzeit
Ich dachte lange an dein weiches Kleid …
Es dunkelten die Büsche nie so grün.
 
Die Birkenstämme standen nie so weiß
als an dem Abend, der mit Regen sank;
und deine Hände sah ich schön und schlank …
Die Birkenstämme standen nie so weiß
 
Die Wasser spiegelten ein schwarzes Land
an jenem Abend, den ich regnen fand;
So hab ich mich in deinem Aug erkannt …
Die Wasser spiegelten ein schwarzes Land.


Folgen Sie morgen hier weiter dem Gang durch die Ausstellung.
 
Redaktion: Frank Becker