Verflixt: Beethoven mit Felix Reuter

Felix Reuter – „Der verflixte Beethoven“

von Johannes Vesper

Verflixt: Beethoven mit Felix Reuter
 
Johann Balhorn (1530-1603) hat hier Pate gestanden, der aber unbewußt seine sinnentstellenden Fehler gedruckt hat. Wem ist damit geholfen, wenn sich aber die Pathétique moderne U-Musik verwandelt? Das ist eine bewußte Verballhornung des Musiktitanen, dessen 250jährigen Geburtstag wir letztes Jahr gefeiert haben. Vermittelt Felix Reuter in den heutigen Zeiten physischen Abstandes eine neue emotionale Nähe zu Beethoven? Verringert sich der der zeitliche Abstand zu dem 1827 Verstorbenen? Seine Harmonien und Themen bleiben in diesen Bearbeitungen einigermaßen erhalten, die stellenweise an moderne Pop-Kirchenlieder erinnern. Aus dem 3. Satz macht er mit seiner eigenen Handschrift einen Blues im Sinne von „Play Beethoven“, was ein respektloses aber doch anhörbares Vergnügen sein kann. Zwischen den Sätzen und vorgestellten Stücken erläutert der Pianist und Musikkabarettist Felix Reuter seine Ideen zu diesen Metamorphosen und gibt kurze Hinweise zum Komponisten und seinem Werk.
Die „Wut über den verlorenen Groschen“ wird in seiner Version zu einem elegischen Pop-Song mit gedämpfter Stimmung. Temperament und Spielfreude gingen dabei verloren. Aus op. 31, Nr. 2 2. wird unter seinen Händen eine „Sonata latina“, eine Samba. Das ist schon lustiger. Dann werden die berühmte Elise und Schwanensee musikalisch amalgamiert. Das Thema aus dem 2. Satz der Sonate Nr. 20, welches Beethoven, weil er es so schön fand hier zum 2. Mal verwendet, mutiert hier zu einem munteren Lied für Pfadfinderinnen. Um das Thema aus der Mondscheinsonate als Muzak im Sinne Richard Claydermans genießen zu können, muß der Zuhörer schon hart gesotten sein oder aber wird es beim Anhören. Spätestens hier ersehnen klassische Musikfreunde Beethovens Taubheit für sich selbst.
Auch auf das Hauptthema der 9. Sinfonie verzichtet der Kabarettist nicht, warnt aber selbst in der Moderation, daß dabei von Beethoven eigentlich nichts übrigbleibt. Zuletzt wird „Elise“ noch einmal munter und amüsant durch den Ragtime-Wolf gedreht und die Waldsteinsonate mit ihren hämmernden Repetitionen in das moderne Rockzeitalter befördert. Mit Beethoven selbst hat das alles fast nichts zu tun. Sein Werk dient hier sozusagen als Steinbruch, aus dem Material für modernen Folk und Pop gebrochen wird. Von Beethovens Emotionen, seiner zerrütteten Innerlichkeit, seiner grenzüberschreitenden Musik, seinen Blicken in das Innere des Menschseins handelt diese CD nicht. Als kabarettistisch unterhaltsame Anmutung wird die CD aber ihr Publikum finden.
 
Felix Reuter – „Der verflixte Beethoven“
Klassische Meisterwerke modern arrangiert (CD)
© 2021 Wildcat
Titel:
1. Moderation 2. Petite Sonate pathétique Part I, 3. Moderation, 4. Petite Sonate pathétique Part II, 5. Moderation, 6. Petite Sonate pathétique Part III, 7. Moderation, 8. Der verlorene Groschen, 9. Moderation 10. Sonata latina, 11. Moderation, 12. Elises Traum, 13. Moderation, 14. Erinnerungen an Ludwig, 15. Moderation, 16. Schlaflose Mondnacht, 17. Moderation, 18. Ode an das Glück, 19. Moderation, 20 Ragtime für Elise. 21. Moderation 22. Waldstein Rock
Gesamtzeit:  35:17
 
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