Sommerstunden des Lebens (8)

Tagebuchblätter und Skizzen

von Gisela von Baum
Sommerstunden des Lebens

Capri, im September

 
Mein Lieber... Gestern trug mich die lustige Gemüsebarke hinüber nach Capri, diesem brandungsumschlungenen Felsen, der auf gedrängtem Raum alle Schönheiten des Südens umfaßt. - Die Piazza ist ein großer Saal, der leuchtende Himmel des Tages und der flimmernde, samtene der Nacht ist ihr Gewölbe, hier trifft sich alles und schwatzt, trinkt und liebt. - Die sehr Verliebten mieten sich ein Boot mit einem Lampion und lassen sich sanft in weichen Kissen schaukeln im Mondschein, der auf den Wellen und um die Faraglioni spielt. Ihr kleiner, feuriger Gondoliere mit den wissenden Augen läßt die Ruder und spielt Mandoline, singt alte und neue Liebeslieder, deren Worte Du nicht verstehst, deren Sinn Du weißt. -

Auf dem Monte Salaro weitet sich Dir die Welt, Du stehst wie der Schöpfer eines großen Kunstwerkes, ergriffen von der Schönheit, die Du aus Dir selbst geschaffen hast. - Da liegen die Inseln wie Edelsteine zu Deinen Füßen, und die Golfe von Neapel, Amalfi und Salerno schwingen ihre Bogen; über Pompeji grüßt Dich der Vesuv. Blaue Berge entfalten ihre Formen in der Ferne. Im Süden dehnt sich das Meer ins Unendliche, dann möchtest Du Deinen Stab in den Stein schlagen und ausrufen: "Hier will ich bleiben, das Ziel meiner Wanderschaft ist gefunden!"


Folgen Sie unserer jungen Freundin am kommenden Sonntag weiter durch ihre "Sommerstunden des Lebens"!

Der Merkur-Verlag existiert nicht mehr. Die Autorin ist nicht zu ermitteln. Wir haben alle zur Verfügung stehenden Quellen befragt und konnten doch niemanden finden, der uns hätte Auskunft geben können. Sollten Sie einen Hinweis auf die Autorin oder Rechteinhaber für uns haben, bitten wir um Nachricht. Illustrationen: Gisela von Baum