"Diana und Actaeon" - Der verbotene Blick auf die Nacktheit

Eine Ausstellung im Düsseldorfer Museum Kunstpalast

von Andreas Rehnolt

Marlene Dumas
Caressing the Pole, 2000
"Der verbotene Blick auf die Nacktheit"

Düsseldorfer Museum Kunst-Palast zeigt in der Ausstellung "Diana und Actaeon" rund 300 Kunstwerke zu Keuschheit, Begehren, Voyeurismus und Exhibitionismus


Düsseldorf - "Um den weiblichen Körper darstellen zu können, schöpften die Künstler vergangener Epochen aus vielfältigen mythologischen Quellen. Bis in die Gegenwart inspirieren auch die emotionalen und psychologischen Aspekte des Diana und Actaeon-Mythos zu immer neuen Deutungen." Für Beat Wismer, den Direktor des Museums Kunst-Palast in Düsseldorf ist die Ausstellung "Diana und Actaeon - Der verbotene Blick auf die Nacktheit", die am vergangenen Samstag eröffnet wurde, keine Schau "zum platten Thema der Erotik in der Kunst." Die bis zum 15. Februar laufende Ausstellung sei vielmehr "die erste, die sich dem Thema der Erotik unter diesem spezifischen, den Mythos weit und offen interpretierenden Aspekt nähert", betonte der Museumsleiter.

Ausgehend von dem griechischen Mythos von der Göttin Diana und dem Jäger Actaion, der die für den Jäger tödliche Konsequenz des voyeuristischen Blicks auf die badende Diana schildert, zeigt die von Wismer lange Jahre geplante Schau alle Facetten des schwierigen und faszinierenden Themas der Nacktheit. Und sie handelt natürlich auch "vom Sehen und Gesehen werden" und vom "Reiz des verbotenen Blicks", wie Kuratorin Sandra Badelt bei der Vorstellung erklärte. Das geht bis hin zum Blick durchs Schlüsselloch auf eine gemalte erotische Szene und bis zu Kartenspielen, die ohne Hintergrundbeleuchtung harmlos aussehen, mit Licht dagegen auch die Nacktheit der dargestellten Figuren zeigen.

Von Brueghel bis Bacon

Beim Rundgang durch die Ausstellung begegnen dem Besucher viele bekannte Künstler wie Lucas

Nicolas Poussin
Schlafende Venus von zwei Satyrn überrascht, 1625
Cranach, Jan Brueghel, Tizian, Rembrandt, Peter Paul Rubens, Auguste Rodin, Paul Cezanne, Egon Schiele oder Pablo Picasso. Sie alle haben sich vom komplexen Gebiet des "verbotenen Blicks" faszinieren lassen und ihn festgehalten. Immer wieder wird Diana, die nicht nur die Göttin der Jagd, sondern auch die der Keuschheit war, mit ihrem Symbol, der Mondsichel gezeigt. Manchmal muß man als Betrachter sehr nah an die teils wunderschönen Werke herantreten, um Actaeon überhaupt zu sehen. Der Jäger ist meist mitten in der Metamorphose dargestellt, mit kleinem Geweih auf dem Kopf oder mit einem Hirschrumpf.

Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle, Statuen sind ebenso ausgestellt wie Fotos, Filmsequenzen, Videos oder Objektkunst. Die Ausstellung beginnt mit Darstellungen auf antiken Gefäßen und Bildwerken vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwartskunst, die die grausame Begebenheiten aus der mythologischen Erzählung illustrieren. Es gibt Werke aus der Renaissance, dem Manierismus, dem Barock und Klassizismus, also aus Epochen, "in denen Nacktheit ohne mythologischen oder religiösen Vorwand nicht vorstellbar war", so die Kuratoren.

Tabus und Begehren

Gérôme, Jean-Léon - Phryne vor den Richtern, 1861



Wismer betonte bei der Präsentation der Ausstellung, dieses Gebiet könne "naturgemäß glitschig" sein. Und er fügte hinzu, daß die Aussteller, wenn sie von Erotik sprechen, "die ursprüngliche, sinnlich weit offene Bedeutung des Wortes, nicht die verengte und verkümmerte, zu der der Begriff unter dem Zugriff der Sex-Industrie pervertiert ist", meinen. Die Schau handelt zuerst vom attraktiven Begehren, also auch von den verschlungenen Verknüpfungen von Geschlecht und Geschlechtlichkeit mit Schönheit, Wahrheit, Ekstase und auch Tod. Natürlich handelt die Ausstellung auch von Tabus und Tabubruch, "von Schuld und Bestrafung und von der Erkenntnis, die schuldlos nicht zu haben ist", betonte Wismer.

Nicht unbedingt "jugendfrei"

Im Bereich der zeitgenössischen Kunst gibt es unter anderem Kunstwerke von Nobuyoshi Araki,

Eric Fischl - Bad Boy, 1981
Balthasar Burkhard, Judy Chicago, Marlene Dumas, Noritoshi Hirakawa, Robert Mapplethorpe, Markus Raetz, Arnulf Rainer, Cindy Sherman oder Francis Bacon. Ungewöhnlich ist sicherlich ein Werk, das einen weiblichen Akt nicht gezeichnet, sondern geschrieben darstellt. "Performance Nude" ist der Titel der mit Tinte auf eine weiße Wand geschriebenen Arbeit von Fiona Banner. Und auch Gerhard Richter ist mit einer Arbeit vertreten. "Studentin 1967" heißt das Ölbild einer hübschen, nackten Frau. Vieles ist schön anzusehen in der Ausstellung, manches ist ungewöhnlich und einiges ist sicherlich "nicht jugendfrei". Nicht zuletzt deshalb gibt das Museum an der Kasse den Hinweis: "Bitte beachten Sie, daß einige in der Ausstellung gezeigten Kunstwerke unter Umständen nicht Ihren Wertvorstellungen entsprechen sowie für Kinder und Jugendliche nicht geeignet sein könnten."

Öffnungszeiten: Di-So: 11-18 Uhr
Internet: www.museum-kunst-palast.de

Redaktion: Frank Becker