Weiter, aber nicht so

Das Wahldebakel der SPD hat Folgen für Berlin

von Lothar Leuschen​

Foto © Anna Schwartz
Weiter, aber nicht so
 
Das Wahldebakel der SPD hat Folgen für Berlin
 
Von Lothar Leuschen
 
So mancher konservative Unkenrufer wird die Landtagswahlen in Hessen und Bayern gern als Hinweis darauf interpretieren, daß es mit dem Dreierbündnis im Bundestag zu Ende geht. Und auch in der Anhängerschaft der FDP wächst die Gewißheit, daß die Entscheidung des Vorsitzenden, Christian Lindner, mit SPD und Grünen eine Regierungskoalition zu bilden, dringend der Korrektur bedarf. Das Ergebnis wäre das Ende der Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz, vermutlich verbunden mit einer Neuwahl. Und schon deshalb wird es zu dem Bruch nicht kommen. Wenn auch der Stachel im Fleisch der Liberalen noch so tief sitzt, so ist doch das Risiko zu groß, als Totengräber der sogenannten Ampelregierung erst recht abgestraft zu werden. Also hält die aktuelle Bundesregierung bis Herbst 2025, wenn die Wähler turnusmäßig an die Urnen gerufen werden.

Dennoch kann und wird es nicht weitergehen wie bisher. Die SPD muß aus den Landtagswahlen den Schluß ziehen, daß sie als politische Führungskraft in Deutschland nicht mehr wahrgenommen wird, trotz der Tatsache, daß sie den Kanzler stellt. Deshalb kommt es jetzt mehr denn je auf Olaf Scholz an. Dessen moderierender Stil dürfte zwar dazu beigetragen haben, daß es die Drei-Parteien-Regierung überhaupt bis in den Herbst 2023 geschafft hat. Aber für die zweite Hälfte der Legislaturperiode reicht das nicht, wenn die SPD nicht vollständig unter die Räder kommen will. Also braucht es jetzt klare Ansagen des Kanzlers zu einer Migrationspolitik, die Rechtsstaatlichkeit mit Humanität und auskömmlicher Finanzierung der Kommunen verbindet. Es braucht Klarheit in der Außenpolitik. Sein Urteil über Nancy Faeser hat der Kanzler bereits gesprochen. Sie bleibt im Amt.

Das macht es für Olaf Scholz nicht leichter. Er zahlt seit Amtsantritt den Preis dafür, daß Grüne und FDP ihn zum Bundeskanzler gemacht haben. Für die Politik zentrale Ministerien wie Außen, Wirtschaft und Finanzen liegen in den Händen der Koalitionspartner, und das in diesen Zeiten so wichtige Innenministerium wird weiter von einer Wahlverliererin geführt.
 

Der Kommentar erschienen am 10. Oktober 2023 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.