Kiki Smith
Verwobene Welten
21.4. – 20.10.2024
„… Ich denke, wir haben sicherlich enorm viel Veränderung in
der Umwelt erlebt, und es gibt Anzeichen für noch größere
Veränderungen. Es ist für uns ein großer Verlust: Wir sind mit
der Natur aufs Engste verflochten. Wir sind ein Teil der Natur,
und unsere Identität ist eng verbunden mit unserer Beziehung
zu unserer natürlichen Umgebung und zu Tieren. Ich schaffe
Bilder für Dinge, die meiner Ansicht nach Aufmerksamkeit
verdienen.“ Kiki Smith, 2024
Die Amerikanerin Kiki Smith (*1954) gehört zu den einflußreichsten feministischen Künstlerinnen ihrer Generation. Ihre frühen Arbeiten sind geprägt von gesellschaftlichen Debatten der 1980er Jahre, wie die über AIDS, später beschäftigt sie sich intensiv mit dem weiblichen Körper. Anfang der 90er Jahre beginnt sie, sich vermehrt mit Umwelt und Natur als schützenswertem Raum auseinanderzusetzen. Die in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin entwickelte Schau vereint 54 Werke. Im Zentrum stehen ihre großformatigen, eindrucksvoll gestalteten Jacquard-Tapisserien. Kiki Smith (geboren 1954 in Nürnberg, lebt und arbeitet in New York) ist eine international anerkannte Künstlerin mit einem facettenreichen Werk, das sich nunmehr über vier Jahrzehnte erstreckt: In Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotografien oder Textilarbeiten verhandelt Smith eine Weltsicht, die von kosmischer Ganzheitlichkeit geprägt ist. Ausgangspunkt ihres künstlerischen Schaffens ist der Raum, der sie umgibt, mit den Beziehungen, die sie in ihrem Lebensumfeld zu Menschen, Natur und Tierwelt spannt. Leben, Tod und transzendentes Sein, die Kiki Smith in ihren Bildwelten verhandelt, sind durch permeable Grenzen miteinander verbunden. Dabei ist Smiths Kunst von Beginn an mit feministischen Themen und Anliegen verbunden. Ihre Betrachtungen des weiblichen Körpers, von menschlichen Organen oder von Tieren in Landschaften verknüpft sie mit einer parabelhaften Übertragung sowie mit der materiellen Bedingtheit ihrer Existenz, auf die sie in ihrem Werk durch eine Bandbreite an Materialien verweist: von Bronze über Edelsteine bis hin zu feinsten Silberfäden.
Zentral in der Ausstellung im Arp Museum sind neun ihrer insgesamt zwölf wandhohen Tapisserien, die in den Jahren 2011 bis 2017 entstanden sind. Adler, Wölfe, Eulen, Schlangen oder Schmetterlinge erscheinen in Kiki Smiths Bildwerken, deren Vorbild der spätmittelalterliche Tapisseriezyklus der Apokalypse im Schloss von Angers in Frankreich ist. Smith transformierte die dort 1976 gewonnenen Eindrücke zu eigenständigen Wandbildern mit einem kosmologischen Weltbild. In ihnen begegnen Mensch, Tier und Natur einander gleichberechtigt. Die großformatigen Jacquard-Tapisserien werden im Arp Museum begleitet von den ihnen vorausgehenden Entwürfen, die Kiki Smith in Drucken, Zeichnungen und Collagen ausgeführt hat. Erstmals wird hiermit die Genese ihrer Bildteppiche vorgestellt. Deren Herstellung mit einer elektronisch gesteuerten Webmaschine bedeutet für die Künstlerin eine Erweiterung zu ihrer Drucktechnik und der grundsätzlichen Möglichkeit zur Vervielfältigung ihrer Werke. Das Besondere der Arbeit von Kiki Smith ist die Verwandlung ihrer Bilder: die Transformation von Motiven und Körpern zwischen den Medien, durch die ihr so vielseitiger und faszinierender Werkkorpus entsteht.
Die Ausstellung wird anschließend im Museum of Contemporary Art of Montenegro in Podgorica (2024/25) und im Moderna Museet in Malmö (2025) zu sehen sein. Kiki Smith wurden weltweit zahlreiche Einzelausstellungen zuteil, darunter über 25 Museumsausstellungen. Mit ihren Arbeiten war sie auf fünf Biennalen in Venedig vertreten, zuletzt 2017. Sie ist Mitglied der American Academy of Arts and Letters und der American Academy of Arts and Sciences und wurde 2017 von der Royal Academy of Arts, London, mit dem Titel Honorary Royal Academician ausgezeichnet. Zuvor wurde Kiki Smith im Jahr 2006 vom TIME Magazine als eine der „TIME 100: The People Who Shape Our World“ (Personen, die unsere Welt bewegt haben) ausgezeichnet. Zu ihren weiteren Auszeichnungen zählen die Skowhegan Medal for Sculpture (2000), die Edward MacDowell Medal (2009), der Nelson A. Rockefeller Award (2010), Purchase College School of the Arts, die U.S. Department of State Medal of Arts (2013), verliehen von Hillary Clinton, und der Lifetime Achievement Award (2016) des International Sculpture Center. Sie ist außerordentliche Professorin an der NYU (New York University) und der Columbia University.
Zur Eröffnung dieser Ausstellung im Arp Museum sagt Staatssekretär Prof. Dr. Jürgen Hardeck: „Kiki Smith führt uns eine fragile Welt vor Augen, die nicht aktueller sein könnte: Die Natur – unser Schutz- und Lebensraum – wird immer mehr durch Umweltbelastungen, Zerstörung und Krieg bedroht. Kiki Smith‘ Werke sind frei von politischem Sendungsbewußtsein, aber sie beschreibt auf eine poetische und märchenhaft anmutende Weise die Sehnsucht nach einer friedlichen Koexistenz von Mensch und Kreatur.“
Julia Wallner, Direktorin des Arp Museums Bahnhof Rolandseck, zur Ausstellung: „Kiki Smith gehört zu einer Generation US-amerikanischer Künstlerinnen, die seit den 1980er Jahren im Kunstbetrieb eine wichtige Stimme erheben. In unserem Museumsprogramm würdigen wir den unverzichtbaren Beitrag der Frauen an der Kunstgeschichte. Wir freuen uns, daß die Ausstellung durch die Weitergabe nach Montenegro und Schweden eine weite, internationale Strahlkraft entfalten kann.“ Ausstellungskuratorin Jutta Mattern ergänzt: „Kiki Smith Werke berühren uns in besonderer Art und Weise, denn sie erschafft unversehrte Habitate, in denen ein friedliches Miteinander von Menschen und Tieren mit der sie umgebenden Natur möglich erscheint. Sie schürt mit diesen Bildentwürfen die menschliche Sehnsucht, im Einklang mit uns selbst zu leben. Dabei besticht ihr virtuoser und transformatorischer Umgang mit den verschiedensten Materialien, bei dem Beschaffenheit und Bildsprache aufs Schönste miteinander verwoben sind.“
Arp Museum
Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1
53424 Remagen
Weitere Informationen: www.arpmuseum.org
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