Glassammlung KUNSTPALAST Düsseldorf:
Neueröffnung im November mit Mythos Murano
ab 19. November 2024
Nach einer umfassenden Modernisierung wird ab November 2024 eine der weltweit größten Glassammlungen wieder zu sehen sein: Über 1.000 Exponate aus der rund 13.000 Objekte umfassenden Kollektion geben Einblick in die Geschichte der Glaskunst – beginnend mit der Antike über das Mittelalter bis hin zu zeitgenössischen Glasobjekten. Die Sonderausstellung Mythos Murano geht den Geheimnissen rund um die von der venezianischen Laguneninsel stammenden Glasobjekte nach.
Schon bald ist der neue KUNSTPALAST komplett: Rund ein Jahr nach der Wiedereröffnung des Sammlungsrundgangs kann im November 2024 auch der letzte Bauabschnitt fertiggestellt und nach vierjähriger Schließzeit dem Publikum zugänglich gemacht werden. In den neu gestalteten Räumen der Glassammlung erwarten die Besucher Objekte aus verschiedenen Epochen. Zu den ältesten im chronologischen Rundgang gezeigten Beständen zählt altägyptischer Schmuck von 1350-1250 vor Christus, während die jüngste Arbeit Wasserwesen von Lea Lenhart (*1972) erst 2024 fertiggestellt wurde. Neuankäufe wie Nocturne #6 – ein lebensgroßes Kleid aus Glas von der US-amerikanischen Künstlerin Karen LaMonte (*1967) – oder das gläserne Sextoy Cucumber der Mailänder Designfirma Sunnei werden erstmals präsentiert. Bekannte Highlights wie der Zierkelch von Karl Koepping, Jutta Cunys Narcisse Endormi oder die Ziege von Marta Klonowska erhalten einen neuen Auftritt. Wie auch im übrigen Sammlungsrundgang führt ein von Künstler und Illustrator Christoph Niemann gestalteter Kinderraum die jüngsten Gäste des Hauses an die fragile und durch Lichtbrechungen und kaleidoskopartiges Farbenspiel besonders faszinierende Glaskunst heran.
Mythos Murano
In einem neu geschaffenen Ausstellungsbereich werden ab sofort jährlich wechselnde Themenausstellungen gezeigt. Den Anfang macht Mythos Murano: Seit 700 Jahren ist die kleine Laguneninsel Murano bei Venedig der Inbegriff großartiger Glaskunst. Hier werden uralte Bräuche des Glasmacherhandwerks bewahrt und Geheimnisse neuer Farben und Herstellungsmethoden gehütet. Die letzte große Blütezeit war von 1920 bis 1970, wovon der Mythos Murano heute noch zehrt. Der Kunstpalast besitzt aus diesem Zeitraum eine umfangreiche Sammlung, aus der 135 herausragende Arbeiten präsentiert werden.
Seit dem 13. Jahrhundert entwickelte sich Venedig zur weltweiten Hauptstadt der Glaskunst. In der Hafen- und Handelsmetropole waren die besten Rohstoffe verfügbar und ermöglichten die Herstellung neuartiger Glassorten. Im Wettbewerb auf engem Raum und über viele Generationen bildete sich eine Könnerschaft im Umgang mit der Glasmacherpfeife heraus, die andernorts nicht erreicht wurde. Nach 500 Jahren von Höhen und Tiefen kam es im 19. Jahrhundert zu einem neuen Aufbruch. Die Werkstätten des italienischen Anwalts und Unternehmers Antonio Salviati brachten neues Leben in die Glasproduktion, und Murano gewann in den
1870er Jahren seinen Ruf zurück. Der Erfolg war nur von kurzer Dauer, denn schon seit etwa 1890 entsprach das italienische, an historische Vorbilder angelehnte Glas nicht mehr dem Zeitgeschmack.
Der Anschluß an die modernen Strömungen in der angewandten Kunst gelang 1921–1925 mit der Gründung einer neuen Glasfirma durch den venezianischen Kunsthändler Giacomo Cappellin und den Mailänder Rechtsanwalt Paolo Venini. Deren Erzeugnisse nehmen Formen der Vergangenheit auf und wirken dennoch zeitlos modern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg trat eine junge Generation von Gestaltern an. Sie brachten mit ihrer Experimentierfreude des italienischen Designs neue Ideen nach Murano. Erheblichen Einfluß nahmen ausländische Handelshäuser, etwa in
Frankreich und den USA, die den Betrieb der Produktionsstätten durch ihre regelmäßigen Aufträge sicherten. Seit den 1970er Jahren gewann die Herstellung von Andenken für die Touristenströme an Bedeutung – Nachahmungen früherer erfolgreicher Modelle und Tierfiguren sind bis heute bei dieser Zielgruppe beliebt.
Ein vorherrschendes Produkt aus den Werkstätten ist die Vase, die einen Gebrauchscharakter hat und zugleich ein eigenständiges Kunstwerk ist. Der Schritt zur freien künstlerischen Plastik wurde nur selten gegangen. Die venezianischen Künstler Livio Seguso und Luciano Vistosi sind mit ihren Werken, die sich von der Gefäßform der Vase entfernen, die bemerkenswerten Ausnahmen. Mit ihrer Faszination für das Material Glas lassen Künstler aus aller Welt, wie etwa der Bildhauer Tony Cragg, heute ihre Ideen auf Murano in Glas umsetzen. Werkstätten, die mit Künstlern zusammenarbeiten, gibt es inzwischen in vielen Ländern, aber der „Mythos Murano“ lockt nach wie vor nach Venedig.
Die Glassammlung des Kunstpalastes
Die Glassammlung im Kunstpalast zählt weltweit zu den umfangreichsten und bedeutendsten ihrer Art. Eingebettet in die vielfältigen Bestände des Hauses erzählt sie die Geschichte des künstlerischen Umgangs mit Glas. Der Grundstein der Sammlung gehörte ursprünglich zum Kunstgewerbemuseum, das von 1883–1927 existierte und dessen Bestände vom Kunstpalast übernommen wurden.
Später gewann Glas gegenüber dem übrigen Kunsthandwerk im Museum ein eigenständiges Profil. Seit 1961 übertrug der Düsseldorfer Architekt Helmut Hentrich seine rund 3.000 Objekte umfassende Sammlung in jährlichen Schenkungen an den Kunstpalast. Seinem testamentarischen Wunsch folgend erfuhr die Ausstellungsfläche der Glassammlung eine Erweiterung, die 2006 fertiggestellt und 2024 nun nochmals ausgebaut wurde. Viele weitere Personen und Institutionen haben die Glassammlung seit ihren Ursprüngen beschenkt, darunter die Heidelberger Industrielle Gerda Koepff mit herausragenden Arbeiten des französischen Art Nouveau. Jüngst ist mit der Sammlung von Frauke Thole ein Schwerpunkt auf das Lebenswerk des tschechischen Bildhauers Jan Fišar hinzugekommen.
Der Kunstpalast verfügt außerdem über den künstlerischen Nachlass von Jutta Cuny, die Glasbildhauerei betrieb und damit die europäische Glaskunst in den 1970er und 80er Jahren beeinflußte. Mit mehreren Hauptwerken und einem umfangreichen
Archiv ist dies die umfassendste Sammlung von Werken der Künstlerin in öffentlichem Besitz. Alle zwei Jahre vergibt die vom Kunstpalast verwaltete Jutta-Cuny-Franz Foundation einen Preis an junge Künstler und Künstlerinnen, in deren Arbeiten Glas
eine maßgebliche Rolle spielt.
Die Stärke der Glassammlung des Kunstpalastes liegt in ihrer Geschlossenheit. Von der Antike und dem Glas der Römerzeit über die Gebrauchs- und Luxusgläser des Mittelalters und den Jugendstil bis in die Gegenwart bietet sie einen fast vollständigen Überblick über die Geschichte der Glaskunst und belegt viele ihrer „Sternstunden“ mit einzigartigen Hauptwerken.
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