Herbst 
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            Schon ins Land der Pyramiden  
            Flohn die Störche übers Meer;  
            Schwalbenflug ist längst geschieden,  
            Und die Sonne scheint nicht mehr.  
            Seufzend in geheimer Klage  
            Streift der Wind das letzte Grün;  
            Und die süßen Sommertage,  
            Ach, sie sind dahin, dahin!  
            Nebel hat den Wald verschlungen,  
            Der dein stilles Glück gesehn;  
            Ganz in Duft und Dämmerungen  
            Will die schöne Welt vergehn.  
            Nur noch einmal bricht die Sonne  
            Unaufhaltsam durch den Duft,  
            Und ein Strahl der alten Wonne  
            Rieselt über Tal und Kluft.  
            Und es leuchten Wald und Heide,  
            Dass man sicher glauben mag:  
            Hinter allem Winterleide  
            Lieg´ ein ferner Frühlingstag.  
            Theodor Storm  
            (1817-1888) 
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