Der Urlaub
Eines Tages ist er da: der Urlaub, die unausweichliche Provokation, das selbstverschuldete Elend, das mich Unsummen Geldes, unwiederbringliche Zeit und so viel von meiner ohnehin geringen Kraft kostet. Vom Alltagsleben, wo man sich immerhin alles einigermaßen eingerichtet und zurechtgelegt hat, unterscheidet sich dieser selbstquälerische Ausnahmezustand vor allem durch die den ganzen Tag in Anspruch nehmende Sorge um Ernährung und sonstige Notdurft. Und: Werde ich heil zurückkehren? Nie und nimmer wird die Unterwäsche ausreichen, was einen entsprechenden Panikkauf zur Folge hat. Ein Vermögen gebe ich aus für Unterhosen, die am Ende doch alle zu klein sind. Am Ziel einer martervollen und fast endlosen Fahrt erweist sich, daß die teure Unterkunft noch um einiges entwürdigender ist als befürchtet. Es ist ein ganz offensichtlich selbsterrichtetes Gebäude, von einem ebenso entschlossenen wie von Herzen unbegabten Laien aus heterogensten Elementen zusammengehauen, was auch für die Möblierung gilt. Das Ambiente entzieht sich der Wiedergabe durch Worte, für eine bildhafte Beschreibung reicht keine der heute bekannten Sprachen aus. Wir lernen den Baumeister, den Ehemann der Pensionswirtin, nur inoffiziell kennen; allnächtlich kehrt er randalierend aus dem Wirtshaus heim und wünscht seine Frau zu erschlagen. Die läßt ihn aber gar nicht ins Haus. Am nächsten Morgen bringt sie uns stets freundlich das Frühstück, ohne jemals ihren Gatten zu erwähnen. Wir sehen ihn auch nie tagsüber, seine aktive Zeit ist die Nacht.
Ein diagnoseresistenter, empfindlicher Schmerz im linken Arm, der mich fortan am Einnehmen der angeborenen Schlafposition hindert und nie wieder vergeht, ist bereits am zweiten Morgen zu beklagen. Am dritten Morgen reisen wir ab. Wir sind sehr behutsam mit dem Urlaubsort umgegangen und haben nach Möglichkeit nichts angefaßt.
© Eugen Egner |