Der Deutsche Impressionismus

Eine Ausstellung der Kunsthalle Bielefeld

von Jürgen Koller
Die Kunsthalle Bielefeld zeigt:
Der Deutsche Impressionismus
 
 
Gleichzeitig mit der repräsentativen Monet-Ausstellung im Von der Heydt-Museum Wuppertal zeigt die Kunsthalle Bielefeld unter dem Titel „Der Deutsche Impressionismus“ erstmals eine Überblicksausstellung über die deutsche Spielart dieser  Kunstbewegung. Es bietet sich also für die interessierte Kunstöffentlichkeit, besonders natürlich für die Wuppertaler Kunstfreunde, ein spannender Dialog zwischen der künstlerischen Revolution der Moderne, die in Frankreich 1874 mit Claude Monets „unerhörtem“ Bild “L’impression, soleil levant“ (Eindruck der aufgehenden Sonne) begann, und der sich in der Folge landesweit in Deutschland ausprägenden impressionistischen Malerei an. 
 
Ein Fenster zum deutschen Impressionismus

Mit ca. 180 Werken zeigt die Bielefelder Kunsthalle nicht nur Werke der Hauptvertreter des deutschen

Max Liebermann, Biergarten in Brannenburg 1907 © Kunsthalle Bielefeld
Impressionismus Max Liebermann, Max  Slevogt und Lovis Corinth, sondern verweist zu Recht auf die Vielfalt der norddeutschen und ostdeutschen impressionistischen Kunst bzw. auf die süd- und südwestdeutschen  Varianten  dieser Malerei am Ausgang des 19.Jahrhunderts. Die von der neuen, revolutionären französischen Malerei übernommene lichte Farbigkeit und der kleinteilige Pinselduktus steht gegen die Dunkeltonigkeit der offiziell geförderten, konservativen akademischen Malerei des Deutschen Kaiserreichs. Bekannt ist das abfällige Wort von Kaiser Wilhelm II., der die neue, impressionistische Malerei von Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt und ihren Mitstreitern in der 1898 gegründeten „Berliner Sezession“ als „Rinnsteinkunst“ bezeichnete und der einst in selbstherrlicher Manier drohte: „Bei mir werden die Freilichtmaler ein hartes Leben haben, ich werde sie unter meiner Rute halten“ (Zitat).
 
Das urbane Bild und die Familie

Die Bielefelder Schau ist übersichtlich nach thematischen Schwerpunkten gegliedert. So erhalten neben dem bekannten „Dreigestirn“ auch viele seinerzeit berühmte, leider heute zu Unrecht vergessene Maler einen Platz in dieser großartigen Querschnittsaustellung deutscher

Lesser Ury, Nächtlicher Kurfürstendamm
1925 - Abb. © Kunsthalle Bielefeld
impressionistischer Kunst. Denn im Gegensatz zum großen französischen Vorbild, das sich überwiegend am freien, sonnendurchfluteten Landschafts- oder Gartenraum orientiert, umfaßt die deutsche Variante daneben auch das Interieur als bürgerliche Wohnungsidylle - hier sei besonders auf den Dresdner Gotthard Kuehl, den letzten Schüler Ludwig Richters verwiesen. Max Liebermanns Ansicht seines großzügigen Ateliers direkt neben dem Brandenburger Tor, aber auch sein Selbstporträt und sein Bild, im Kreise seiner Familie zeichnend, zeigen den Künstler als Repräsentanten des Berliner Bürgertums.
 
Die Stadt als urbane Lebenswelt - oftmals im nächtlichen Gaslicht - hat Lesser Ury erfaßt, und auf Motive der Industrialisierung verweist der süddeutsche Maler Hermann Pleuer, der sich auf den flüchtigen Eindruck fahrender Eisenbahnzüge und auf die  hektische Atmosphäre des Stuttgarter Hauptbahnhofs spezialisierte. Den öffentlichen (Bier-)Garten, den zum Flanieren einladenden städtischen Park und den Privatgarten entdeckten Max Liebermann in Berlin-Wannsee und Fritz von Uhde in München als Orte der Freizeit und der Muse. In den Gartenbildern mit ihren Lichtreflexen und Schatteneffekten näherten sich die Deutschen ihren französischen Vorbildern vielleicht am nächsten. 
Der Blick auf die Landschaft erfaßt nicht nur das Naturschöne,  sondern auch die in der Natur tätigen Menschen, so wie Robert Sterl in seinen Steinbruch-Bildern. Auf ländliche Idylle mit Erntearbeit und Rinderschwemme verweisen Thomas Herbst, Hans Olde und Heinrich von Zügel. Das alles bisweilen romantisch verklärt und jenseits jeglicher sozialkritischer Sicht.
 
Ein neuer Blick auf die Natur

Die Landschaftsmalerei, gerade auch die, die in Bielefeld vorgestellt wird, kann als „Urerfahrung“ der Impressionisten bezeichnet werden. Angeregt durch die Freiluftmalerei der Schule von Barbizon, den

Max Slevogt, Dame am Meer
Abb. © Kunsthalle Bielefeld
oftmals mehrjährigen Bildungsreisen nach Frankreich und den Studienaufenthalten in der Seinemetropole Paris sowie der damit verbundenen Aufgabe der dunkeltonigen Akademiemalerei fanden die deutschen Impressionisten in ihren Landschaften eine bis dato nicht gekannte luftige, gar sonnige Heiterkeit - es sei hier auf die „pointillistisch“ angelegten  Wälder von Paul Baums verwiesen. Im Unterschied zu den mediterranen französischen Strandlandschaften sind die Motive, die sich die deutschen Impressionisten an Ost- und Nordsee erschlossen oftmals stürmischer Natur, gewitterträchtig, und das Meer ist bewegter, so wie bei Otto Scholderer, Franz Skarbina, aber auch bei dem jungen Max Beckmann.
 
Der deutsche Impressionismus, dessen Hochphase um 1890 beginnt, wird  zur populärsten Kunstrichtung im Deutschen Reich. Doch bereits um 1905 beginnt mit dem antibürgerlich gestimmten Expressionismus eine Entwicklung, die in wenigen Jahren die „im Rückblick  vergleichsweise sanfte künstlerische Revolution der Vorgänger überstrahlt“. In einigen der in der Bielefelder Kunsthalle vorgestellten späten Bilder Lovis Corinths lassen Malduktus, pastoser Farbauftrag und intensive Farbigkeit diese neue, vorwiegend dann deutsch geprägte  Kunstrichtung bereits erahnen.
Die Ausstellung „Der Deutsche Impressionismus“ ist noch bis zum 28. Februar 2010 in der Kunsthalle Bielefeld zu sehen.
 
Kunsthalle Bielefeld - Artur-Ladebeck-Straße 5 - 33602 Bielefeld    
Öffnungszeiten: täglich 11.00 -18.00, Mi 11.00 -21.00 Sa.10.00-18.00, montags geschlossen
Telefon 0521 /3299950-0
 
Weitere Informationen:  www.kunsthalle-bielefeld.de    
 
Redaktion: Frank Becker