Die Fußpfleger

Freundliche Gedanken um einen verkannten Beruf

von Erwin Grosche
Beispielbild
Erwin Grosche -
Foto © Uwe Nölke

Die Fußpfleger

Viele Menschen, die mit ihrem Beruf unzufrieden sind, lernen in späten Jahren noch einmal um und werden Fußpfleger. Wenn man sich überlegt, wie viele Füße ein normaler Mensch hat, ist dies eine krisensichere Angelegenheit.

Leider führen viele Füße ein Schattendasein und wer pflegt schon etwas, was niemand sehen kann. Der Friseur wird als wichtiger empfunden als der Fußpfleger und doch sind beide da, um den Menschen rundum schöner zu machen. Der eine arbeitet nur oben und der andere pflegt unten. Inzwischen gibt es immer mehr Fußpfleger und kaum noch Menschen, die sich ihre Füße pflegen lassen wollen. Manche Fußpfleger pflegen deshalb vor allen Dingen ihre eigenen Füße, um nicht ganz aus der Übung zu kommen. Ich kenne Fußpfleger, die verwöhnen ihre Füße derart, dass sie gar nicht mehr gehen wollen, wenn sie nicht rundum eingeölt und bunt lackiert sind. Manche bieten für Füße lauwarme Wasserbäder an, in denen alle zehn Zehen planschen dürfen wie in einem Familienbad. „Wir wilden Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüssten wo warmes Wasser wäre.“
Manche Fußpfleger bieten sich neben ihrem Job als Fußpfleger auch noch als Wadenkitzler an, um damit Familien mit Kindern anzusprechen. Fußpfleger sind Einzelkämpfer. Oft stehen sie ganz alleine zwei Füßen gegenüber, von denen einer gar nicht gepflegt werden will. Da heißt es Ruhe bewahren und mit starker Hand trotzdem sanft zulangen. Fußpfleger brauchen Geduld und eine positive Lebenseinstellung. Manchmal sind sie gerade mit der Pflege beider Füße fertig, da fängt der erstgepflegte Fuß wieder an ungepflegt zu werden. Das zieht herunter. Am besten zieht man dann sofort beiden Patienten wieder die Strümpfe hoch, um nichts mehr sehen und riechen zu müssen. Der Beruf eines Fußpflegers wäre schöner, wenn die Leute ihre Füße mehr pflegen würden. Mir beichtete mal eine Fußpflegerin, dass sie manchmal Füße zu sehen bekäme, die aussehen wie eine verrostete Kalimba (auch bekannt als Daumenklavier) und die auch genauso klingen würde. Zupf, zupf, zupf. Einmal sah ich einen Fußpfleger, der war ganz stark und hatte auf seinen Armen viele Tätowierungen verewigt. Da habe ich gedacht, wenn dem zwei Füße krumm kommen, die kriegen auch gleich eins auf den dicken Onkel.
Es muss sonderbar sein, dass man beim Fußpflegen seinem Patienten nicht die Hände halten kann. Der Kopf des Patienten ist so weit von einem entfernt, dass man ihm kaum in die Augen schauen kann. Zum Glück gibt es das Hühnerauge, um wenigsten einen kleinen Kontakt herstellen zu können. Ich kannte einen Fußpfleger, der hatte selbst keine Beine mehr, war aber in seinem Beruf sehr anerkannt und feinfühlig. Ich kannte einen Fußpfleger, der hauchte vor dem Pflegen gegen Aufpreis die Füße warm. Füße pflegen ist ein Segen, man kann sich entspannen, leichter geht’s auf allen Wegen, wenn man hält zusammen.


© Erwin Grosche - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2007