Freund Hein lädt zum Tanz
Ein gottvolles Konzert zur Malerei Arnold Böcklins
Toshiyuki Kamioka (Leitung) – Deszö Ránki (Klavier) - Nikolai Mintchev (Solo-Violine) – Sinfonieorchester Wuppertal
Das Zeremoniell
Jenseits? - Diesseits! Immer wieder ist das Zeremoniell eine schöne Einstimmung: der Begrüßungs-Applaus beim Einzug des Orchesters, die Verneigung des Konzertmeisters, das Stimmen der Instrumente, ein hoffentlich letztes Räuspern de Publikums, die Ruhe bis zum Auftritt des Maestro und der abermalige Begrüßungsapplaus. Bei Toshiyuki Kamioka, Chefdirigent in Wuppertal, fällt der stets besonders herzlich und achtungsvoll aus, hat er sich doch in seinen GMD-Jahren dort einen raren Stand verschafft und die Herzen seiner Musiker und des Publikums erobert.
Böcklin vs. Sowa – ein Genuß
„Jenseits“ titelt das Programmheftchen dieses 6. Sinfoniekonzerts der Saison und dazu „Die
Freund Hein tanzt - Deszö Ránki brilliert
Das Orchester gibt nahezu ängstigend den Auftakt zu Franz Liszts „Danse macabre“, einem von vielen Totentänzen der Literatur, dessen Bedrohlichkeit das Klavier wunderbar einfühlend übernimmt. Der Ungar Deszö Ránki brilliert am Flügel vor der ganzen düsteren Wucht, der ein Orchester bei dieser Komposition fähig ist. Freund Hein tanzt vor den Fanfaren des Hades auf der Klaviatur seinen grotesken Knochentanz. Ránki verschmilzt in völliger Hingabe mit der Musik, bildet eine interpretierende Einheit mit Kamioka und dem Orchester. Daß er dem gewaltigen Opus trotz drängenden Applauses des nie zufriedenen Publikums keine marginale Zugabe aufpfropfte, ist Deszö Ránki besonders hoch anzurechnen. Hier steht zwar nicht Böcklin im Fokus, doch ist die Musik durchaus auch eine Begegnung mit dem Charon.
Nikolai Mintchevs Solo von Rang - das Bild als Basis
Max Reger hat 1913 gleich vier Gemälde Böcklins zum Thema seines op. 128 „Vier Tondichtungen“ gemacht. Natürlich dabei: „Die Toteninsel“. Unendlich zart und liebevoll inszeniert Toshiyuki Kamioka den Auftakt zur Nr. 1 „Der geigende Eremit“, 1884 unter dem Titel „Der Einsiedler“ gemalt. Sanft und unprätentiös vermittelt die getragene Musik einen wohltuenden Ausgleich. Gefühlvoll schön gestaltet Konzertmeister Nikolai Mintchev das Violin-Solo, das am Ende seinem hohen Rang entsprechend vom Publikum honoriert wurde. Bewegt, spielerisch, ja neckisch folgt das Vivace „Im Spiel der Wellen“ nach dem 1883 gemalten, keineswegs heiteren Bild Böcklins.
Dann: „Die Toteninsel“ – dräuend die fortwährende Todessymbolik der Musiksprache, die ihre Spannung hält, bis sich sich nach zehn Minuten in Milde auflöst. Schließlich ein weiteres Vivace, das „Bacchanale“, temperamentvoll und wirbelnd. Daß es auch ohne Stab geht, erwies sich, als Kamioka diesen verlor und das Orchester quasi mit den Fingerspitzen führte. Eine perfekte, inspirierte Aufführung.
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