Die Maus

von Adolf Frey

Foto © Frank Becker

Die Maus
 
Im Dachraum hängt an straffgespannten Seilen
Die frische Wäsche: weiße Frauenhöschen
Und Jäckchen. Bäuchlings liegt der Tod darunter.
Er stützt die Kiefer auf die Ellenbogen
Und schielt auf eine rostge Mausefalle.
Darinnen steckt am Draht ein Bröcklein Speck,
Zart angebrätelt, leckern Duft verströmend.
Ein hungrig Mäuschen huscht heran und schnuppert
Und plustert seine Sammetbäcklein auf.
Dann trippelts durch die Drahttür und den Ring,
Der, wenn er aufschnellt, ihm das dürftge Seelchen
Aus seinem silbergrauen Pelzwams würgt.
Es rupft – weg ist der Speck! und pfeilschnell flieht es.
Den fetten Raub im Maul, und schießt ins Loch.
Da lacht der Tod und stellt sich auf den Kopf
Und fährt mit seinen fahlen Steckenknochenbeinen
Von unten in ein Pärchen Frauenhosen
Und spreizt die Zehen ohne Haut und Fleisch
Am Trockenseil und an den Wäscheklammern.
 

Adolf Frey