Staatsgast im Skulpturenpark

Tony Cragg begrüßt als ersten fremden Dauergast "Vater Staat" von Thomas Schütte

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
Vater Staat - mal zum Anfassen

3,70 m ist er hoch, also etwas mehr als doppelt so groß wie der durchschnittliche deutsche Staatsbürger. Ein wenig Größe darf man von „Vater Staat“ aber auch erwarten. Thomas Schütte hat nach drei Jahren dem sanften Drängen von Tony Cragg nachgegeben und ihm für seinen Wuppertaler Skulpturenpark „Waldfrieden“ ein, notabene kostbares, Werk als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. An bevorzugtem Platz auf der Freifläche zwischen der anthroposophischen Villa Waldfrieden des einstigen Besitzrs Dr. Kurt Herberts und dem gläsernen Ausstellungs-Kubus hat die beachtliche Bronze einer Männerfigur mit zum Teil deutlichen Gesichtszügen – schauen Sie sich mal die Augenpartie und die hohen Wangenknochen an – des ersten deutschen Bundeskanzlers, Dr. Konrad Adenauer einen angemessenen Standort gefunden.
 
Soll uns der Umstand etwas sagen, daß die Figur armlos, also quasi hilflos ist? Daß sie von fremder Hand mit einem unsichtbaren Gürtel des bodenlangen Gewandes fest eingeschnürt wurde? Oder daß ihre Kopfbedeckung fern vom diplomatischen Dress-Code unserer Breiten ist? Kann, muß aber nicht. Und daß sie jetzt heißt, wie sie heißt, ist nichts anderes als die spontane Namensgebung durch die Mitarbeiter der Düsseldorfer Bronzegießerei, in der ihre mächtige Form ausgefüllt und patiniert wurde. Nachdem „Vater Staat“ seine Ausstellungszeit in der Bonner Bundeskunsthalle absolviert hatte, brauchte der ernst blickende Mann eine neue Heimat. Die hat er nun bei Tony Cragg mit Blick auf die schöne Villa. Den kommenden und gehenden Besuchern des Parks – 30.000 waren es 2010 – wendet er übrigens den eingefallenen Rücken zu. Kein Rückgrat? Noch so ein Hinweis?
 
Thomas Schütte, der sich als kluger Denker und amüsanter Plauderer zeigt, sagt dazu nichts, verrät

Thomas Schütte - Foto © Frank Becker
aber Grundsätze einer Skulpturenausstellung im Freien: „unter drei Meter Höhe geht nichts“ und „man darf nie mehr als drei Objekte gleichzeitig im Blickfeld haben“. Das ist Tony Cragg mit seiner Anordnung gelungen. Nun plant er weit voraus die mögliche Erweiterung des Ausstellungsfreigeländes auf die doppelte Fläche. Sein Grundbesitz in Wuppertal-Unterbarmen gibt das her. Dort sollen dann im Laufe der Zeit mit Sorgfalt ausgewählte Skulpturen anderer Künstler ihren Einzug halten. Aber ganz sachte. Wie lange die attraktive Dauerleihgabe Thomas Schüttes eigentlich bleiben soll, war noch gar nicht Thema der Gespräche der beiden befreundeten Künstler. Also erst mal von unbestimmter Dauer. Die Kunstfreunde wird es freuen.
 
Der Skulpturenpark, Hirschstraße 12 in Wuppertal, ist von Dezember bis Februar freitags, samstags und sonntags jeweils von 10 bis 17 Uhr zu besichtigen, auch an den Weihnachtstagen.
Weitere Informationen unter: www.skulpturenpark-waldfrieden.de


Tony Cragg und Thomas Schütte - Foto © Frank Becker