Zettels Traum
Die Zeichnungssammlung Bernd und Verena Klüser
15. März – 19. Juni 2011
„Zeichnung ist Kammermusik und keine große Oper.“ (Bernd Klüser)
Das Hauchartige wahrnehmen
Das „Hauchartige wahrzunehmen als ästhetisches Konzept“ empfahl Joseph Beuys dem Betrachter von Arbeiten seines Schülers Blinky Palermo. Unschwer läßt sich diese Idee auch auf die Kunst der
Unter dem Titel „Zettels Traum“ stellt das Von der Heydt-Museum die Sammlung des aus Wuppertal stammenden Galeristenpaars Bernd und Verena Klüser erstmalig der Öffentlichkeit in diesem Umfang vor. Die Parallele zu Arno Schmidts hochkomplexem Meisterwerk „Zettels Traum“ liegt auf der Hand: Wie dem Schriftsteller, so genügt oft auch dem bildenden Künstler ein einfacher Papiergrund und ein Stift oder eine Feder, um spontan und unmittelbar Ideen und Notate festzuhalten. Und im Verlaufe der fünf Jahrhunderte, in der sich die Sammlung Klüser bewegt, sind die technischen Mittel erstaunlich gleich geblieben.
Ein Bogen von 500 Jahren
Mit umfangreicheren Werkkomplexen sind neben Beuys und Palermo so unterschiedliche Künstler wie Andy Warhol (Lenin) oder Alberto Giacometti in der Sammlung vertreten. Zur Kunst der
Schwerpunkt 20. Jahrhundert
„Munch … war der Auslöser meines Interesses an der Moderne. Vor 50 Jahren schrieb ich über ihn die ersten unbeholfenen Zeilen im Kunstkontext – in der Schülerzeitung meines Wuppertaler Gymnasiums“, erzählt Bernd Klüser im Interview des zweibändigen Katalogs. Munchs lithographiertes Selbstportrait aus dem Jahr 1895 (sein erstes) zeigt in reifer Klarheit den nachdenklichen, in sich gekehrten Blick des expressionistischen Künstlers, dessen zwei Jahre zuvor gemalter „Schrei“ ein Manifest des Expressionismus ist. Jannis Kounellis (4 – o.T.), Tony Cragg oder Olaf Metzel sind nur einige weitere Künstler, die in den folgenden Jahren als brillante Zeichner und Grafiker die Aufmerksamkeit des Sammlerpaares auf sich zogen. Aber auch Außenseiter wie der taubstumme amerikanische Autodidakt James Castle oder bekannte Größen wie Victor Hugo, Louise-Adolphe Soutter oder John Cage, deren grafische
Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf der Kunst des 20. Jahrhunderts. Es ist die selbst gestellte Herausforderung, Neues kennen zu lernen und zu vertiefen, die Bernd und Verena Klüser - als Galeristen ausgewiesene Spezialisten im Bereich der modernen Kunst – weiter dazu veranlaßten, für die eigene Sammlung auch alte Kunst zu erwerben. Ihnen geht es um die Zeichnung als Medium, nicht um die historische Einordnung. Der Bezug zu heutigen modernen Ansätzen leitet den Blick auf die vorangegangenen Jahrhunderte und sucht nach Parallelen, wie an einem prominenten Beispiel deutlich wird: etwa der nervös suchenden Linie, die sich bei Palma Il Giovane genauso wie im graphischen Oeuvre Alberto Giacomettis nachverfolgen läßt.
Die Zeichnung als autonomes Kunstwerk
Auch die Themen verbinden historische und aktuelle Kunst, wobei es sich eher um philosophische und poetische Sentenzen handelt, als um das repräsentative Motiv oder die große Erzählung. Die Sammlungstätigkeit orientiert sich folglich nicht an Bildmotiven; relevant ist einzig die individuelle, künstlerische Umsetzung einer Bildidee in das Medium der Zeichnung. Eine grundlegende Eigenschaft der Zeichnung über die Jahrhunderte hinweg, die in dieser
Die Zeichnung wird in dieser Sammlung als autonomes Kunstwerk begriffen, nicht als Beiwerk, etwa als Vorstufe zum elaborierten Gemälde. Sie ist eine intime, private, eine sehr persönliche Zwiesprache des Künstlers mit sich selbst, mit seiner Beobachtungsgabe, mit seinen künstlerischen Möglichkeiten und seinem technischen Können, mit seinen Ideen und Zielen, und mit einem eher zufällig in diesen Prozeß eintretenden Betrachter. „Eine Zeichnungsausstellung ist keine große Oper, sondern eher ein Kammerkonzert“, folgert Bernd Klüser. Weder spektakulär noch populistisch, lädt die Zeichnung zum ästhetischen Kunstgenuß, zum Nachdenken, zum kritischen Vergleichen und Erkenntnisgewinn ein.
Opulenter Katalog
Zur Ausstellung erscheint im Verlag des Museums ein opulenter, zwei Bände umfassender Katalog,
Ein zusätzlicher großformatiger Einzelband im Softcover zum Werk Jorinde Voigts gibt hervorragend Einblick in deren humorvolle Arbeits- und Gedankenwelt, die spontan an den Federstrich Paul Floras erinnert. Der Band von 144 Seiten ist im Verlag Hatje Cantz erschienen und kostet 25,- €.
Dr. Beate Eickhoff ist die Beauftragte für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Von der Heydt-Museums in Wuppertal.
Gesamtredaktion, Bearbeitung und Fotos: Frank Becker
Weitere Informationen unter: www.von-der-heydt-museum.de und www.hatjecantz.de
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