Socken und Ehefrauen

von Hanns Dieter Hüsch

© André Poloczek - Archiv Musenblätter
Socken und Ehefrauen

Wissen Sie, was ich neulich gelesen habe: Socken sorgen für Ehekrach! Und zwar, wenn die Socken des Ehemannes irgendwo herumliegen, soll das jede dritte Ehefrau zur Weißglut bringen. Also das kann bei mir gar nicht passieren. Im Gegenteil! Bei mir ist es umgekehrt. Ich schmeiße die Socken nicht einfach so in der Gegend rum, sondern die gebrauchten Socken knote ich oder flechte ich zusammen und ab in die Wäsche, und dann sagt meine Frau jedesmal: »Warum machst du denn die Socken immer so zusammen? Zum Waschen muß ich sie ja doch wieder auseinanderklamüsern.«»Ja«, sage ich, »weiß ich auch nicht. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und vor allen Dingen fliegen die Socken dann nicht so rum.« »Ja, aber du mußt doch einsehen«, sagt dann meine Frau, »daß das eigentlich Blödsinn ist.« »Kann schon sein«, sage ich dann, »daß das blöd ist, aber es ist nun mal so.« »Jedesmal ziehst du die Socken zusammen, und ich muß sie wieder auseinanderziehen, das ist doch ein Arbeitsgang zu viel!« »Ja sicher«, sage ich, »ich verstehe das ja auch, du brauchst gar nicht so dezidiert zu sprechen: »Das ist ein Arbeitsgang zu viel!« Ich habe das schon kapiert, daß ich ein bißchen blöd bin. Aber bei mir ist eine Socke auch nur ein Mensch, und den läßt man doch nicht so einfach rumliegen. Eigentlich müßtest du mir dankbar sein, daß ich die Socken zusammenmache, denn die meisten Männer lassen sie einfach so in der Gegend rumliegen, und das bringt jede dritte Frau zur Weißglut,« »Ich bin nicht jede dritte Frau«, hat da meine Frau gesagt, »ich bin deine Frau.« »Das ist auch gut so«, habe ich da gesagt, »und ich bin dein Mann, der dir die herumliegenden Socken vom Halse halten will, indem er sie zusammenflechtet. Das kommt bei dir ja  fast wie ein Verbrechen an, obwohl die zusammengeflochtenen Socken garantieren, daß sie beide echt zusammengehören, während die herumliegenden Socken leicht völlig durcheinander geraten.« »Das ist doch erst der Arbeitsgang nach dem Waschen«, sagt meine Frau, »das Sortieren, und dann erst das Zusammenmachen!« »Also, ich weiß nicht«, sage ich, »es bleiben jedesmal doch drei einzelne übrig, die zu keiner anderen Socke passen, das sind die ärmsten Socken, die ich mir vorstellen kann.« »Siehst du«, sagt dann meine Frau triumphierend, »das Zusammenziehen der Socken vor dem Waschen hat also gar nichts genützt.« » Kann auch nicht«, sage ich dann, »wenn du sie beim Trocknen bis in die sibirische Taiga schleuderst, und was eine richtige Socke ist, die fliegt sogar noch weiter.« »Jetzt hebst du ab «, sagt dann meine Frau. »Ja«, sage ich, »manchmal möchte ich eine kleine Socke sein, die nach Helgoland fliegt. Aber natürlich mit dir zusammengeflochten.«



© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung